Urlaub in der Kirche

Erstellt am 01.09.2020

Von Hans-Albert Limbrock

MESCHEDE – An den Wänden lehnen noch die Bilder früherer Konfirmanden-Jahrgänge. Ein paar Stühle und ein Staubsauger stehen auch noch herum. Würde nicht das Sonnenlicht durch die Fenster fallen und bunte Muster auf dem Steinboden malen, gebe es nicht viel, was noch an eine Kirche erinnert. Immerhin aber kann man nun erahnen, welchen Charme dieser Raum entwickeln wird, wenn er zu einer Ferienwohnung umgewandelt wird.

Die Idee zu diesem eher ungewöhnlichen Konzept hat das Architektenpaar Sandra Glados und Reimund Glados-Köster. Vor kurzem haben sie die Johanneskirche im Mescheder Norden gekauft. Die Kirchengemeinde hat lange nach einer neuen Verwendung gesucht – schon 2012 hatte man beschlossen, sich von dem Gebäude zu trennen. Ein paar Jahre später wurde die 1964 eingeweihte Kirche entwidmet. „Mit dem jetzigen Konzept können wir sehr gut leben“, freut sich Pfarrer Hans-Jürgen Bäumer über die Vision der Architekten.

Sandra Glados, die in Meschede aufgewachsen ist, kennt das Gebäude  schon seit ihrer Kindheit. Als bekannt wurde, dass die Evangelische Gemeinde sich von diesem Objekt trennen würde, waren  sie gleich Feuer und Flamme. „Wir sind viel in der Welt herumgekommen und haben selber schon an einigen ungewöhnlichen Orten übernachtet“, erklärt die Architektin. „Wir haben intensiv überlegt, was kann man wie realisieren“, ergänzt Reimund Glados-Köster: „Ein Abriss war übrigens nie ein Thema für uns.“

Der wäre allerdings auch nur schwer, bis gar nicht zu realisieren: Die Kirche steht seit fünf Jahren unter Denkmalschutz. Auch deshalb gehen die Architekten bei ihren Planungen äußerst behutsam vor, sind in ständiger Abstimmung mit der Landeskirche und dem Denkmalschutz beim Landschaftsverband.

„Den Innenraum wollen wir mit seiner Größe und Wucht praktisch so erhalten wie er ist“, verdeutlicht Sandra Glados. Die Ferienwohnung soll ein „Haus-im-Haus“ werden. Maximal sechs Personen sollen hier Platz finden. Die beiden Schlafzimmer werden als Kubus in den Kirchenraum gesetzt werden – einer davon auf die Galerie. Glados-Köster: „Wir finden diesen Kirchraum wunderschön. Es ist uns ein großes Anliegen, dass die Kirche als solche erlebbar bleibt.“ In die Sakristei wird ein Badezimmer eingebaut, der Altarraum soll zu Küche und Esszimmer werden.

Investiert wird vor allem in eine bessere Wärmedämmung. So bekommen zum Beispiel die charakteristischen Scheiben eine Isolierverglasung davorgesetzt, dadurch bleibt ihr Charakter erhalten. In Abstimmung mit den Behörden wird noch diskutiert, ob Solartechnik auf dem Dach denkbar ist.

Bedenken, dass das Konzept „Ferienwohnung in einer Kirche“ zwar hübsch und ungewöhnlich ist, aber letzten Endes keine Gäste findet, haben die beiden Investoren nicht: „Meschede hat sich in den letzten Jahren enorm gemacht und ist richtig attraktiv geworden“, freut sich Sandra Glados über die positive Entwicklung ihrer Heimatstadt. Vor allem durch den Ruhrtal-Radweg kommen zunehmend mehr Touristen in die Region. Unter ihnen, so die Hoffnung, werden auch einige sein, die sich von der Ferienwohnung in der Johanneskirche werden begeistern lassen. Sandra Glados: „Ich bin überzeugt, dass es viele Menschen gibt, die die Ruhe zu schätzen wissen, die dieser Ort ausstrahlt.“

Unter Druck setzen lassen wollen sie sich bei der Realisierung ihres ehrgeizigen Vorhabens übrigens nicht: „Wir gehen das ganz entspannt an.“ Läuft alles nach Plan, bekanntermaßen steckt der Teufel beim Bauen oft im Detail, soll die Kirchen-Ferienwohnung im kommenden Jahr fertig sein.

„Ich freue mich schon auf das Ergebnis. Das wird mit Sicherheit eine Bereicherung für Meschede und die Region“, ist Pfarrer Bäumer zuversichtlich und gleichzeitig gespannt, was aus seiner ehemaligen Kirche wird.

In zahlreichen Gesprächen haben Pfarrer Hans-Jürgen Bäumer (links) und die Investoren Sandra Glados sowie Reimund Köster-Glados ausgeleuchtet, welche Zukunft für die Kirche denkbar ist. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Seit fünf Jahren steht das markante Gebäude im Mescheder Norden unter Denkmalschutz. Jetzt soll es nach den Plänen der Architekten zu einer Ferienwohnung werden. Eine Idee, die Pfarrer Bäumer begrüßt.