Notfallseelsorge setzt vorerst aus

Erstellt am 22.01.2021

Von Hans-Albert Limbrock

KREIS SOEST – Die Notfallseelsorge im Kreis Soest stellt ihre Arbeit bis mindestens 15. Februar ein. „Leicht ist uns diese Entscheidung nicht gefallen, aber wir haben sie dennoch getroffen“, erklärt Dietmar Gröning-Niehaus für den Leitungsrat.

Gründe für diese Entscheidung seien in erster Linie der gesundheitliche Schutz der ehrenamtlichen Notfallseelsorger sowie organisatorische Probleme, da einige der knapp dreißig Männer und Frauen, die sich hier ehrenamtlich engagieren, von ihren Arbeitgebern aktuell nicht mehr freigestellt würden.

„Wir haben“, so Gröning-Niehaus, „zwanzig voll ausgebildete Seelsorger sowie zehn, die noch nicht ohne Begleitung zu einem Einsatz möchten oder können. Davon ist fast ein Drittel momentan nicht einsatzfähig.“ Fast alle gehören aufgrund der Altersstruktur zudem zur so genannten Risikogruppe.

Gröning-Niehaus: „Wir haben lange und intensiv überlegt, wie wir mit diesen Fakten umgehen. Wir bieten unseren Dienst normalerweise an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr an. Das war einfach nicht mehr aufrecht zu erhalten.“

Zudem sei die Arbeit wesentlich durch den direkten Kontakt zu den Menschen geprägt. Wer aufgrund eines Todesfalls seelischen Beistand brauche, dem könne man nicht nur auf Distanz begegnen. Manchmal gehöre es auch dazu, jemanden in den Arm zu nehmen, um ihn zu trösten. Angesichts der andauernden Corona-Gefährdung sei das den ehrenamtlichen Helfern einfach nicht länger zumutbar gewesen: „Wir müssen diese Kontakte ganz einfach einschränken. Weil das aber im Grunde nicht geht, haben wir diese klare und verbindliche Entscheidung getroffen“, so Gröning-Niehaus.

Notfallseelsorger werden in der Regel von Polizei, Rettungskräften, Ärzten oder Sanitätern angefordert, um Opfer, Angehörige, Beteiligte und Helfer von Notfällen (Unfall, Großschadenslagen usw.) in der akuten Krisensituation zu unterstützen. Aber auch Hilfe nach häuslichen traumatischen Ereignissen, wie nach erfolgloser Reanimation, plötzlichem Kindstod und Suizid sowie Begleitung der Polizei bei der Überbringung von Todesnachrichten gehört zum Einsatzspektrum. Anders als etwa die Telefonseelsorge gehen sie direkt zum Ort des Geschehens.

„Fast 90 Prozent unserer Einsätze“, erklärt Dietmar Gröning-Niehaus, finden im häuslichen Umfeld statt.“ Allein im Januar waren er und seine Kolleginnen und Kollegen dreizehn Mal im Einsatz. Im Durchschnitt gibt es etwa 150 Einsätze im Jahr.

Superintendent Dr. Manuel Schilling, der praktisch der oberste Träger der Notfallseelsorge im Kreis ist, bedauert die Entscheidung zwar, hat aber gleichzeitig auch Verständnis: „Ich kann das verstehen. Die Ehrenamtlichen gehören fast alle zur Risikogruppe. Dass man sich in diesem besonders anspruchsvollen Aufgabenfeld vor Corona schützen will und muss, ist nachvollziehbar. Ich kann versprechen, dass wir unser Bestes geben, den Dienst so schnell wie möglich wieder aufzunehmen.“

Dreißig ehrenamtliche Notfallseelsorger gibt es im Kreis Soest, die im Krisenfall ihre Jacken anziehen und die Arbeit von Polizei und Feuerwehr unterstützen. Foto: pixabay

Für viele Fälle gerüstet. Im Notfallkoffer befindet sich so einiges, das die Notfallseelsorger bei ihrer Arbeit unterstützt. Foto: Klaus Bunte