Mitarbeiter im Weinberg Gottes

Erstellt am 16.04.2021

Superintendent Dr. Manuel Schilling hat Woesthoff in einem Gottesdienst entpflichtet.

Von Hans-Albert Limbrock

NEUENGESEKE – Zwei Welten? Na ja, ganz so extrem ist es sicherlich nicht. Aber ohne Zweifel hat der Spagat zwischen zwei recht unterschiedlichen Gemeinden stets den Reiz für die Arbeit von Pfarrer Dietrich Woesthoff ausgemacht: Hier die traditionsbewusste und traditionsreiche Kirchengemeinde Neuengeseke und dort Möhnesee mit seinen vielen Gemeindegliedern, die häufig aus dem Ruhrgebiet an die Möhne gezogen sind.

„Das kann man miteinander nur schwer vergleichen“, sinniert Woesthoff und liefert die Begründung gleich hinterher. „Die Menschen in der Gemeinde Möhnesee denken häufig eher städtisch, sind sehr mobil. Für sie ist Körbecke fast schon so etwas wie ein Vorort von Dortmund.“ Und Neuengeseke? „Das ist eine Gemeinde, in der die meisten Menschen tief verwurzelt sind und für die traditionelles Denken eine große Rolle spielt. Da ist eine ganz andere Art von Kirche gefragt.“

Spaß gemacht hat es ihm in beiden Gemeinden: „Ich habe immer ein großes Vertrauen gespürt. Ein Vertrauen, das ich wie ein Geschenk wahrgenommen habe.“ Vor fast 30 Jahren – 1992 - hat er als Pfarrer in Neuengeseke begonnen. Auch damals hat Woesthoff schon einen Spagat gewagt, denn neben seiner Tätigkeit in dem Sassendorfer Ortsteil mit immerhin 1200 Gemeindegliedern, in dem er mit Frau und zwei Töchtern auch gewohnt hat, war er noch Studentenpfarrer im benachbarten Soest.

„Das war eine spannende Zeit. Die Studenten haben dafür gesorgt, dass ich über den Kirchturm meiner Gemeinde hinausgeschaut und mich auch mit anderen Dingen beschäftigt habe. Dadurch war ich oft sehr nah am wirklichen Leben dran. Das war eine Kombination, die mir sehr gut getan hat.“

2006 kam dann die Möhnesee-Gemeinde hinzu, nachdem die Funktion eines Studentenpfarrers abgeschafft worden. Seine gute Beziehung zu den jungen Menschen konnte Woesthoff in der Jugendkirche allerdings weiter pflegen. Zusammen mit Petra Englert und Friedrich Kasten gehörte er zu den Korsettstangen für den Aufbau der Juki, die sich gegen viele Widerstände etablieren konnte.

Dass er sich als „Pfarrer auf dem Land“ so wohlgefühlt hat, liegt auch daran, dass er selbst aus dieser Region kommt, auf einem Bauernhof in Merklingsen groß geworden ist und deshalb weiß, wie die Menschen hier ticken: „Das hat mir sicher geholfen.“

Geholfen hat aber ohne Zweifel auch, dass Woesthoff schon früh und gerne über den Tellerrand geschaut hat. Neben Münster und Marburg gehört auch das niederländische Uetrecht zu den Städten wo er studiert hat. „Ich wollte die holländische Theologie verstehen lernen.“ In Siegen hat er sein erstes Vikariatsjahr verbracht und sich intensiv mit dem Leben von Dietrich (die Vornamens-Gleichheit ist purer Zufall) Bonhoeffer beschäftigt. Eine Beschäftigung, die ihn sehr geprägt und so manche Maxime für das eigene Leben gegeben hat. Im 2. Jahr des Vikariats hat es ihn dann nach London gezogen, wo er im Süden der Millionen-Metropole in einer deutschen Gemeinde gearbeitet hat.

Es war dann schließlich Superintendent Berthold Althoff (†), der dafür gesorgt hat, dass Woesthoff in die Börde zurückgekehrt ist: „Er hat mich direkt nach dem Examen 1990 angesprochen und mir die Stelle des Studentenpfarrers angeboten.“ Woesthoff musste nicht lange überlegen und hat zugesagt. Eine Zusage, die er bis heute nicht bereut hat. „Dreißig Jahre war ich Mitarbeiter im Weinberg Gottes“, gebraucht er ein Bild, das es gut trifft und sein Handeln, Denken und Mitfühlen als Pfarrer punktgenau beschreibt.

Ende des Monats wird er mit seiner Familie das Pfarrhaus, das weniger als einen Steinwurf von der Neuengeseker Kirche St. Johannes der Täufer liegt, verlassen und nach Soest in das Haus seiner Eltern ziehen. Sorgen, dass ihm dort vielleicht langweilig wird, muss sich niemand machen: „In den Jahren meines Berufslebens ist einiges auf der Strecke geblieben. Manches davon möchte ich jetzt gerne nachholen.“

 

Wird in diesem Jahr 66 Jahre und geht in den Ruhestand: Pfarrer Dietrich Woesthoff. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Seine letzte Predigt wird es sicher nicht gewesen sein, die Dietrich Woesthoff bei seiner Verabschiedung gehalten hat; er bleibt „seinen“ Kirchengemeinden verbunden.