Komplexe Aufgabe mit Leib und Seele gefüllt

Erstellt am 11.02.2022

Diakoniepfarrer Peter Sinn in den Ruhestand verabschiedet / Lobbyist für die Mitmenschen

Ein Abschied mit Herzlichkeit und Humor: Diakonie-Vorstand Christian Korte, Pfarrer Peter Sinn und Superintendent Dr. Manuel Schilling (v.l.). Fotos: Kathrin Risken

Soest-Arnsberg. „Ich dachte, ich mache das heute mal von hier oben", sagt Pfarrer Peter Sinn und lacht zu Beginn seiner Predigt von der Kanzel herunter. Für Schmunzeln sorgt diese Bemerkung auch bei den Gästen, die in die Auferstehungskirche in Arnsberg gekommen sind, um Peter Sinn in den Ruhestand zu verabschieden. Warum diese Szene so erheitert? Weil sie so gar nicht typisch Peter Sinn ist. Predigen von der Kanzel herunter, das ist nicht seine Art. Vielmehr ist es die Begegnung auf Augenhöhe, die er schätzt und lebt. Die Begegnung mit den Menschen. Und so passen denn auch der Griff zur Ukulele und das fröhliche Anklingen der vier kleinen Saiten zu „We shall overcome" viel besser zum Pfarrer aus dem Sauerland.

Peter Sinn wird an diesem Tag in den Ruhestand verabschiedet. Damit endet auch sein Amt als Diakoniepfarrer. Gekommen sind Weggefährtinnen und Weggefährten, der Superintendent des Kirchenkreises Soest-Arnsberg, Dr. Manuel Schilling, Christian Korte, Vorstand der Diakonie Ruhr-Hellweg. 38 Jahre lang stand Peter Sinn, geboren und aufgewachsen im Sauerland, heute wohnhaft in Lippstadt, im Dienste der Kirche. 1984 begann er als Vikar in der Johannesgemeinde in Soest, es folgten unter anderem Stationen am Möhnesee, als Gemeindepfarrer in Lippstadt, Presbyteriumsaufgaben in Wickede, die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Diakonie und schließlich das Amt des Diakoniepfarrers.

Die Begegnung mit den Menschen: Sie ist, was Peter Sinn immer wichtig war. Sie hat den Menschen gut getan, aber auch ihm selbst. „Mir ist stets eine große Freundlichkeit entgegengebracht worden, man hat an mich geglaubt. Ich bin immer auf Menschen getroffen, mit denen Vertrauen und ,anpacken` möglich waren.“ Vor allem als Diakoniepfarrer sei dies unabdingbar gewesen. Das Amt trat Sinn - bis dahin als Pfarrer im Beschäftigungsauftrag zuständig für Gemeindeberatung, Mediation, Fundraising und Wiedereintrittsstelle - 2009 an.

Diakoniepfarrer: Eine Aufgabe, die sich nicht auf eine einzelne Gemeinde beschränkt. Diakoniepfarrer, das ist „arbeiten in der Fläche“, wie Peter Sinn es nennt. Er habe sich die Frage gestellt: „Was kann man als einzelner Menschen in der Fläche machen?“ Einiges, vor allem mit den schon beschriebenen Menschen, die „mitziehen“. Krankenhausseelsorge, mit dem Aufbau von Besuchsdiensten, ungewöhnliche Seelsorgeprojekte wie Friseurgespräche, Begleitung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit, Mitarbeit in zahlreichen Gemeinden mit ihren diakonischen Themen, die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Diakonie Ruhr-Hellweg und vieles mehr gehörte zu den Aufgaben.

Dass er dabei mitunter ungewöhnliche Aktionen gestartet hat, auch das ist „typisch Sinn“. Seelsorge beim Friseurbesuch zum Beispiel oder die „Erzählbank“, - ein irgendwie abgefahrenes Projekt: Die „Upcycling“-Bank, die aus dem Diakonie-Kaufhaus „Kaufnett“ in Arnsberg stammt, steht auf dem Platz zwischen der Evangelischen Kirchengemeinde und dem Niemöllerhaus in Lippstadt. Alle, die hier vorbeigehen, können Gott etwas von sich erzählen oder mit anderen Menschen ins Gespräch kommen. Nah am Nächsten, Begegnung, typisch Sinn.

Dass Sinns „Tun“ genau das war, was man sich von jemandem, der Diakoniepfarrer ist, wünscht, das bringt Superintendent Schilling auf den Punkt: „In der Diakonie findet die Kirche zu sich selbst. (…) In der tätigen Liebe.“ Sinn habe sich eingesetzt für Alte, Kranke, Jugendliche, Geflüchtete, als Ansprechperson des Kirchenkreises zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung. Er habe als Lobbyist gewirkt, als kluger Kopf, als ein Mensch, der Situationen von Mitmenschen schneller erfasst als viele andere, als einer, der veränderte, mit unglaublichem Humor und Herzensweite. „Sie haben mit Seele und Leben gefüllt, was diese Aufgabe war.“

Einfach mal Nachfragen

Diakonie-Vorstand Christian Korte bedankte sich bei Peter Sinn mit den Worten: „Ich bin mal gefragt worden, mit wem ich eigentlich die Dinge, die mir in meiner Rolle als Vorstand so begegnen, besprechen kann. Und da fallen Sie mir als erstes ein. Wir sind schon ein gutes Stück gemeinsam auf dem Weg. So danke ich Ihnen auch ganz persönlich für Ihr offenes Ohr, für Seelsorge, Reflektion, für Rat und Tat, Ermutigung und Zugewandtheit. Für Ihr einfach mal Nachfragen, für Ihre Ideen und Sichtweisen. Das war wirklich ganz bedeutend für mich und auch für mein Verständnis von Kirche und Diakonie.“

Es ist ein schöner Gottesdienst, ein lockerer, in dem viel gesungen und gelacht wird. Toll: Die musikalische Begleitung durch die Jugendband der Kirchengemeinde „No Limiz“. Viel Wertschätzung wird Peter Sinn an diesem Tag zuteil, von den Besucherinnen und Besuchern des Entsendungsgottesdienstes durch persönliche Worte, durch viele humorige Grußworte von Menschen, die die Wege des Lippstädters gekreuzt haben, persönliche Geschenke. Fast bewegt es den neuen Ruheständler ein wenig zuviel: „Mein Vater konnte immer sehr gerührt sein. Das fand ich immer ganz schrecklich. Und jetzt merke ich, dass ich selber so berührt bin.“ Am Ende des Tages wird er noch sagen: „Die Atmosphäre und die Menschen waren so herzlich. Ich glaube, die haben verstanden, dass ich wirklich gerne bei ihnen war.“

Bleibt noch offen: Was macht einer, der so viel „SINNvolles“ getan hat und voller Ideen steckt im Ruhestand? Projekte weiterdenken, wie zum Beispiel einen „Segensroboter“ in der Lippstädter Brüderkirche, die Begegnung mit Menschen suchen, mit dem eigenen Motorboot fahren und die Vision leben, dass in Lippstadt - dem „Venedig Westfalens“ - vielleicht einst Gondeln über die Lippe fahren mit Peter Sinn als Gondoliere...

Zu „We shall overcome“ griff er zur Ukulele.