Niemals eine reine Männersache

Erstellt am 11.03.2022

Bereits seit 70 Jahren gibt der Posaunenchor in der Evangelischen Kirchengemeinde Hüsten den Ton an. Das ist natürlich ein Grund zu feiern, was Pfingsten geschehen wird.

Hüsten. Am 31. Mai 1952 lud Johannes Wege, der kurz vorher erst aus Thüringen in Hüsten zugezogen war, einige interessierte Jugendliche und junge Männer zu einer ersten Bläserprobe ins Turmzimmer der neu erbauten Kreuzkirche ein. Es war der Samstag vor dem Pfingstfest. Das wurde der Gründungstag des Posaunenchores.

In den folgende Monaten und Jahren baute Wege den Chor zielstrebig auf. Neben den Auftritten in der eigenen Gemeinde band er den Posaunenchor auch in die große Bläserbewegung innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland ein. Viele Kontakte und Begegnungen kamen so zustande. Die Hüstener Bläser wurden so schon früh zu „Mitgliedern der großen Bläsergemeinde“ wie es Friedel Quasnowitz (†) ausdrückte. Übrigens: Eigentlich waren damals die Posaunenchöre generell noch reine Männersache.

Nicht so in Hüsten! Die Tochter des Chorleiters, Elisabeth Wege (heute Pingel), „quengelte“ so lange, bis sie zusammen mit ihrer Freundin Jutta Jensch (heute Grunwald) auch Trompete lernen und in den Chor eintreten durfte! Wahrscheinlich war der Hüstener Posaunenchor einer der ersten, in denen Mädchen mitspielten.

Seit Mitte der 50er Jahre spielte der Posaunenchor jedes Jahr am Heiligen Abend, später am Tag davor, im Karolinenhospital Weihnachtslieder für Patienten und Pflegepersonal. Diese Tradition wurde erstmals Weihnachten 2020 unterbrochen: durch Corona.

18 Jahre lang, bis zu seinem Tod im Juni 1970, leitete Johannes Wege den Chor. Danach übernahm Paul Eckert das Chorleiteramt für fast 31 Jahre. Im Jahre 2001 konnte Martin Stegmann für die Aufgabe gewonnen werden, der bereits einige Jahre den Kirchenchor leitete und Orgel spielte.

In diesen Jahren änderten sich die Voraussetzungen in der Bläserarbeit sehr stark. Neue, anspruchsvolle Posaunenchormusik wurde komponiert, die hohe Anforderungen an Bläser und Chorleiter stellte. Einflüsse aus den unterschiedlichsten Musikrichtungen flossen mit ein. Jazz, Swing und Pop waren bald kein Tabu mehr in der Kirche und in den Posaunenchören.

Unterstützt und gefördert wurde der Posaunenchor von den Landesposaunenwarten des Posaunenwerks in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Die Landesposaunenwarte Karl-Heinz Saretzki (†) und Ulrich Dieckmann erarbeiteten mit den Bläsern moderne Spieltechniken und führten bei Chorbesuchen, Seminaren und Bläserwochenenden die neue Literatur ein.

Auch die Ausbildung wurde verbessert. In den ersten Jahren musste ein Jungbläser die B-, F- und Es-Dur-Tonleiter beherrschen und einen einfachen Choral spielen können, um in den Chor aufgenommen zu werden. Paul Eckert, letztes noch aktiv mitwirkendes Gründungsmitglied, kann davon erzählen. Heute erfährt der Nachwuchs eine fachlich und musikalisch fundierte Ausbildung von hoher Qualität. Da die Ausbilderin Beate Ullrich ehrenamtlich arbeitet, ist der Unterricht kostenlos für Kinder und Erwachsene. Auch ein Instrument kann gestellt werden.

Im Jahr 2020 ging Martin Stegmann in den Ruhestand. Das Presbyterium hatte im Vorfeld beschlossen, seine Stelle aufzustocken auf eine halbe B-Stelle, und hatte Annika Eisenberg gewählt. Sie hatte ihren ersten Arbeitstag am 1. April 2020 – dem ersten Tag des ersten Lockdowns. Die Mitglieder ihrer Chöre, des Kirchenchores und des Posaunenchores, lernte sie erst viel später kennen, und erst am Reformationstag 2021 konnte sie mit dem Posaunenchor das erste Mal in einem Gottesdienst in der Kirche auftreten.

In diesem Jahr wird nun der Posaunenchor 70 Jahre alt. Das wird mit einem großen Bläsergottesdienst am Pfingstmontag gefeiert, zu dem auch andere Posaunenchöre aus dem Kirchenkreis eingeladen werden. Eingeladen sind auch alle, die einmal im Posaunenchor mitgeblasen haben! Wer meint, eine Auffrischung der Kenntnisse nötig zu haben, kann sich vertrauensvoll an die Ausbilderin wenden (02931-77893), die gerne etwas Nachhilfe gibt – oder einfach mittwochs um 18 Uhr mal wieder zur Probe in die Unterkirche kommen. Auch Blechbläserinnen und -Bläser aus anderen Ensembles dürfen gerne mitspielen und mitfeiern.

„Mit Leib und Seele schwingt ihr mit, lustvoll verkündet ihr mit eurem ganzen Körper die gute Botschaft“ – so drückte sich der damalige Superintendent Alfred Hammer vor zehn Jahren beim 60. Geburtstag aus. Treffender kann man die Leidenschaft der Musikerinnen und Musiker nicht beschreiben.