Ein Zeichen setzen

Erstellt am 17.09.2021

Klimawoche „7-Tage für die Schöpfung“ brachte viele langfristige Probleme ans Licht, aber auch konkrete Lösungsvorschläge.

Podiumsdiskussion zum Klimawandel in der Petri-Kirche. Von links: Moderation Ute Buschhaus, Madee Pande (Fridays for Future), Superintendent Dr. Manuel Schilling (Kirchenkreis Soest-Arnsberg), Propst Dietmar Röttger (Leiter Pastroralverbund Soest), Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer (Stadt Soest), Bernd Ellersiek (Vertreter der Bürgerinitiative So-lebenswert), Beate Petersen (Gemeinwohlökonomie, BürgerEnergiE).

 

Von Julie Riede 

Soest. Eine ganze Woche lang hatte sich der „Arbeitskreis Kirche und Klima Soest – Ökumenisch Handeln für Klimaschutz, Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung im Raum Soest“ dem Klimawandel und seinen Folgen verschrieben. Er sieht dringenden Handlungsbedarf und richtet seinen Apell an die Stadt Soest, die Soester Bürger sowie die kirchlichen Einrichtungen.

Den Auftakt bildete ein Gottesdienst, durch den die Projektgruppe gemeinsam mit Pfarrerin Leona Holler führte. Anwesend waren sowohl die stellvertretende Bürgermeisterin von Soest, Christiane Mackensen, als auch Propst Röttger und der stellvertretende Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg, Thomas Hartmann. Diplom-Theologe Ulrich Klauke war Hauptredner der Veranstaltung, er ging zurück zu den Klimabeschlüssen des Papstes 2015 in Paris, die damals weltweit Aufsehen erregten und von der Presse u.a. „Therapieanleitung“ oder „Magna Carta für den Klimaschutz“ genannt wurden.

Darin wird die Dringlichkeit des Klimaschutzes klar zum Ausdruck gebracht und die Verantwortung, die wir für unsere Nachfolger*innen tragen würden. Der Mensch habe die Aufgabe, die Erde zu hüten, er sei nicht Gott, er solle die Erde achten. In allem stecke etwas Göttliches, dessen Wert Gott gegeben habe und dessen Bemessen nicht uns obliege. Jedes Insekt, jede Tier gehöre dazu. Und weiter: 20% der Weltbevölkerung lebten heute auf Kosten der Umwelt, der Tiere und der armen Bevölkerungen sowie der zukünftigen Weltbevölkerung.

In der Podiumsdiskussion am Montag ging es um das Thema „Klimaneutral bis 2030 – Verantwortung für unsere Stadt“. Hier wurde der Klimapakt thematisiert, der vom Rat der Stadt Soest im Juni 2020 beschlossen wurde: „Wir stellen uns gemeinsam die Frage: Was konkret können wir tun, um die Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen? Wir hoffen auf eine angeregte und spannende Diskussion mit tollen Ideen im zweiten Teil der Veranstaltung“, so Kerstin Werner.

„Die Welt brennt, die Arten sterben“ eröffnete Dr. Franz-Josef Klausdeinken den Abend. Umweltschutz und Klimagerechtigkeit seien ein großes und wichtiges Thema, auch für die Kirche – eine Stärkung und der Schutz armer Nationen seien ein Muss. „Jeder Schritt zählt“, so Klausdeinken.

Friday for Future sah das Problem in der Politik. Kurz vor den Wahlen sehe man kein eindeutiges Programm und kein Vorhaben, den sofortigen Klimaschutz zu leisten und das „1,5 Grad Ziel“ (ein Stopp der weltweiten Klimaerwärmung) zu erreichen. Der einzelne Bürger allein könne keinen Klimaschutz leisten, die Politik müsse die Weichen stellen.

Superintendent Dr. Manuel Schilling berichtete vom Klimaschutzkonzept und -zielen der evangelischen Kirche. Ein Klimaschutzmanagement solle für die nächsten 5 Jahre helfen, die Ziele zu erreichen – die Kosten für ein Erreichen der Ziele seien aber schwer zu Bewältigen. Dies solle auch durch Fördergelder möglich gemacht werden.

Laut Dr. E. Ruthemeyer habe die Stadt die Herausforderungen der Klimakrise seit 2019 stark im Fokus. „Erneuerbare Energie muss kommen, das Thema Windenergie ist unumgänglich, aber die Bürger sträuben sich.“ Aktuell werde vor allem Photovoltaik umgesetzt und gefördert. Hier sollen Förderlotsen und mehr Beratung bessere Erfolge bringen. Auch die Gebäudeumrüstung/ Sanierung sowie Neubauten würden streng nach den Klimarichtlinien und mit Hilfe von Sanierungsmanagern umgesetzt. Ein Beispiel hierfür sei die evangelische Petrus Kita im Soester Norden, die in diesem Jahr eröffnet wurde. Die Bestandsgebäude umzurüsten sei ein größeres Problem. Auch eine Transformation des Straßenraums sei nötig, aber schwierig.

Bei der Diskussion zum Thema Energieeinsparung ging es auch um die Frage: Bauen die Kirchen Photovoltaik auf die Kirchen- und Gemeindedächer? Hier waren sich katholische und evangelische Kirche einig: E-Tankstellen seien in Planung und von Seiten der Katholischen Kirche auch schon teilweise verbaut, zum Beispiel am Möhnesee. Photovoltaik auf den Kirchendächern sei (in naher Zukunft) nicht geplant. Ökostrom wird im evangelischen  Kirchenkreis in Zukunft genutzt und werde auch den Gemeinden nahegelegt.

Laut Friday for Future liege ein sehr hohes Potenzial in der Kirche, weil sie alle Altersgruppen erreichen könne, sie könne sensibilisieren, habe eine hohe Reichweite. Propst Röttger bestätigte dies: „Wir sprechen als Global Player in die Welt hinaus, wir sind eine Weltfamilie und werden uns für sie einsetzen.“

Weitere zentrale Problemstellungen lauteten: wie begegnet man den Flächenversiegelungen, die auch in den Neubaugebieten weiterhin ein Problem darstellen und zu massiver Aufheizung führen, wie den immer weiteren Wegen, die z.B. durch Pendler mit dem Auto zurückgelegt werden. 20.000 Fahrzeughalter in Soest müssten sich halbieren, wie solle das erreicht werden? Wie könne man neben Privathaushalten auch Gewerbebetriebe zu mehr Klimaschutz bewegen? Klimaschützer

Bernd Ellersiek von der Initiative „SO-lebenswert 2030“ nutzte ein Zitat von Eckhard v. Hirschhausen, um es auf den Punkt zu bringen: „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz und überlebenswichtig.“ Forderungen bzw. Ideen der Initiative, die auch im Vortrag am Dienstag genannt wurden, lauteten: Freilegung von Quellen und Wasserläufen gegen die Aufheizung der Innenstadt – nach dem Vorbild der Quellen an der Stadtbücherei. Mehr Bäume, die für eine Verschattung sorgen und im Hochsommer Temperaturunterschiede von zum Teil 10 Grad erreichen können, Verkehrskonzepte neu denken. Carsharing, Schnellbusse, zum Beispiel Richtung Arnsberg, Mitfahrer-Apps oder Portale, oder auch sogenannte „Mitfahrerbänke“. Ein Autoverbot in der Innenstadt, oder zumindest überall Tempo 30, ein ÖPNV mit engerer Taktung und die Schaffung eines Grünen Rings rund um Soest. Hier sollten gezielt Begegnungsstätten in der Natur entstehen. Eine weitere Idee, die in anderen Städten auch schon umgesetzt würde: Es dürften nur noch Flächen versiegelt werden, wenn dafür andere geöffnet würden. Jeder Bürger, die Gewerbetreibenden, die Stadt und die Kirchengemeinden sollten sich die Frage stellen, wie sie die eigene Fläche ökologisch aufwerten könnten und auf eine klimastarke und artenschutzgerechte Bepflanzung setzen.

Mit gutem Beispiel voran gingen hier die evangelischen Konfirmanden im Sigmund-Schulze-Haus, indem sie gemeinsam mit Sabine Schumacher vom BUND und Pfarrer Casdorff vor Ort eine Blumenwiese pflanzten. Die Schüler lernten bei der Aktion gleichzeitig etwas über die verschiedenen Blumen und die Bienenarten, für die die Blumen überlebenswichtig sind. Von 560 Wildbienenarten seien 3/4 aller Bienen bereits bedroht. Die Blumen der Konfirmanden sind mehrjährig – mit den Samen können somit jedes Jahr neue Blumen von anderen Konfirmanden gesät werden.

Die Klimawoche in Soest hat gezeigt: Nicht alle Klimaprobleme sind direkt lösbar, und die Klimakatastrophe kann nicht von einer Person, einer Stadt, oder einer Gemeinde gestoppt werden. Aber man war sich einig: wenn sich in jedem Teil des Gefüges etwas bessert, hinsichtlich des Erhalts der Schöpfung, ist unser Planet auch für die folgenden Generationen noch so lebenswert, wie für uns.

Weitere Informationen und Details zu den einzelnen Tagen der Klimawoche finden Sie hier

Ankunft zum Auftaktgottesdienst

Auftakt in Alt St. Thomae

Ideenrunde für ein besseres Klima in Soest

Konfirmanden säen Blumen fürs Klima: im Siegmund Schulze-Haus

Pfarrer Casdorff mit seinen Konfirmanden und Sabine Schuhmacher vom BUND