Sehet, welch ein Mensch

Erstellt am 15.10.2021

Bad Sassendorf. Seit 2014 existiert das offene Ausstellungsprojekt „Ecce homo 2.0“ des Bildhauers Stephan Guber aus Nidda in Hessen. Es ist eine Gruppe von Skulpturen, die in Deutschland von Ort zu Ort wandert und in verschiedenen Räumen und verschiedenen Gruppen aufgestellt und angeordnet wurden.

Stationen ihrer Reise waren bisher zum Beispiel: Griedel, Bad Nauheim, Ahrenshoop, Berlin, Bad Soden, Minden, Stuttgart und zuletzt Grube in Schleswig-Holstein und Hamm-Herringen in Westfalen. Sie treten damit immer wieder neu in Resonanz zu den Orten, Räumen und Menschen, denen sie auf ihrem Weg begegnen.

Am 20. September sind sie in die Bad Sassendorfer Kirche und – eine Dreiergruppe – in den Schiefen Turm in Soest „eingezogen“. Mit einigen Mitstreitern und Mitstreiterinnen, namentlich Hermann Ahrens, Martin Anemüller, Mex und Emra sowie den Pfarrerinnen Brigitte Kölling und Pfarrerin Leona Holler konnte Pfarrerin Stefanie Pensing die Skulpturen gemeinsam anordnen.

Pfarrerin Kölling sagte dabei: „Es ist erstaunlich, wie sehr eine Drehung um ein paar Grad den Eindruck der Skulptur sofort verändern kann.“ So wurden die Gastgeber zu Mit-Schaffenden, zu Mit-Künstlern, ganz im Sinne der These von Joseph Beuys: „Jeder Mensch ist ein Künstler!“

Der Psalmist sagt es staunend so: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst. Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“ (Psalm 8, 5 u. 6).

Der Titel der Ausstellung selbst geht zurück auf die lateinische Übersetzung der Bibelstelle bei Johannes 19,5: „Sehet, welch ein Mensch“. Es ist der Ausruf des römischen Statthalters Pilatus über den gefolterten Jesus, der ihm vorgeführt wird, ‚geschmückt‘ sowohl mit einer Dornenkrone als auch einem Purpurgewand.

Der Schöpfer all’ dieser Menschen (homini), Stephan Guber, wird am Sonntag, 24. Oktober, beim Gottesdienst anwesend sein, um im Rahmen einer Dialog-Predigt einer interessierten Gemeinde seine Ideen zu erklären.

Eines wird beim Gang durch den Kirchenraum sofort deutlich: Stephan Gubers Skulpturen rühren die Betrachter-/innen unmittelbar an.  Sie erscheinen wie lebendig, manche erwidern sogar den eigenen Blick. Sie sind Menschen wie „Du und Ich“ mit Geschichte und „Sitz im Leben“.

Ihre Körper sind zwar aus Pappel- oder Eichenholz herausgeschnitten, aber diese Körper tragen doch die Spuren des Lebens in sich. Mal ist es ein Astloch, mal die Maserung, die den Ausdruck des Menschlichen verstärkt. Muskeln, Adern oder Nervenbahnen scheinen aus dem Holz wie von selbst hervorzutreten. Verletzungen im Holz können unmittelbar in Verletzungen ‚durch das Leben‘ übersetzt werden. Pfarrerin Pensing: „Diese Menschen sind da – vor uns – und da sie in einer Kirche präsentiert werden –  vor Gott – und sie sind stark.“

Infobox

Die Evangelische Kirchengemeinde Bad Sassendorf präsentiert die Ausstellung im Rahmen der Offenen Kirche, sie ist täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet. So laden diese besonderen Menschen zum Dialog ein. Der Künstler ist über seine Kontaktdaten im ausliegenden Flyer auch direkt für weitere Zusammenarbeit anzufragen.

Sei es, dass jemand Interesse an einer Skulptur anmeldet, sei es für Anfragen nach weiteren Ausstellungsstationen. Die Ausstellung ist bis zum 12. Dezember in den beiden genannten Kirchen zu sehen. Im Anschluss wird sie weiterreisen nach Würzburg in die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Thüngen-Arnstein.

Weitere Informationen: www.kirchengemeinde-bad-sassendorf.de, www.reformiert-soest.de, https://stephan-guber.de

Pfarrerin Stefanie Pensing im „Dialog“ mit Figuren aus der Serie „Ecce Homo“, die aktuell in Bad Sassendorf und Soest zu besichtigen sind. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Platz genommen: Stefanie Pensing mit einer Skulptur des Künstlers Stephan Guber.

Im Schiefen Turm (Alt St. Thomae) ist diese Dreier-Gruppe zu sehen. Foto: Stefanie Pensing