Ein großes Herz für Flüchtlinge

Von Hans-Albert Limbrock

Soest-Arnsberg. Der Krieg in der Ukraine ist allgegenwärtig. 24 Stunden lang flimmern Bilder und Schlagzeilen auf unsere Handys, Laptops, Computer und zeigen Bilder aus einem Land, das noch vor wenigen Wochen so weit weg schien und jetzt doch so nah ist.

Diese Bilder des Unfassbaren lassen niemanden kalt, berühren und wecken den Wunsch, sich zu engagieren; etwas zu tun für die vielen Menschen, die vor Putins Bomben in unser Land fliehen. So auch bei den Verantwortlichen der Soester Holzbaufirma Materio. Schon seit einiger Zeit wollten sich die Geschäftsführer Johannes Berger und Rolf Schottmüller für geflüchtete Menschen engagieren.

Der Krieg in der Ukraine hat dem nun eine neue und leider auch höchst aktuelle Dimension gegeben. „Jeder fühlt sich schlecht, wenn man nichts tut. Das geht auch unseren Mitarbeitern und vielen Unternehmen so, mit denen wir zusammenarbeiten“, erklärt Berger eine Initiative, die schon in kurzer Zeit über 50.000 Euro an Spendengeldern gebracht hat. „Dieses Geld“, so Berger, „soll eins-zu-eins dort ankommen, wo Hilfe gebraucht wird.“    

Per Telefon und Mail hatte man Partnerfirmen aus dem Kreis Soest, der Region, aber zum Beispiel auch aus Gelsenkirchen über die Idee informiert und war überall auf offene Ohren gestoßen. Berger: „Die Resonanz und die Welle der Hilfsbereitschaft sind fantastisch.“

Alles, was nun noch fehlte, war ein Empfänger, der das Geld sinnvoll und am besten nachhaltig für die Arbeit mit Geflüchteten einsetzen kann. Und da kam Gerd Heiler-Schwarz ins Spiel. Der Soester ist nicht nur Verfahrensberater bei der Diakonie und dadurch bestens im Thema Flüchtlingshilfe vernetzt, sondern hat vor über zwanzig Jahren die Soester Holzhaus GmbH gegründet. Die ist inzwischen eine Tochterfirma von Materio und damit gleichzeitig auch so etwas wie der Vorläufer des erfolgreichen Unternehmens aus dem Sälzerweg.

Heiler-Schwarz hat die Evangelische Kirche und deren Flüchtlingsarbeit als eine gute Adresse empfohlen. Über Pfarrer Ralph Frieling von der Kirchengemeinde Weslarn ist dann der Kontakt zum Arbeitskreis Flüchtlinge in der Gemeinde Lippetal entstanden, deren Mitglieder sich schon seit Jahren um die Integration geflüchteter Menschen überaus erfolgreich engagieren.

Wichtig war es Materio und seinen Partnern, dass das Geld an lokale, persönlich bekannte Flüchtlingsinitiativen geht. Über Elisabeth Patzsch, der Koordinatorin der Flüchtlingshilfe im Kirchenkreis Soest-Arnsberg, sowie Pfarrer Frieling ist das nun gewährleistet. Gemeinsam wird man nun nach Möglichkeiten und Notwendigkeiten suchen, wo man finanziell schnell und nachhaltig unterstützen kann – und das im gesamten Kirchenkreis.

Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei ebenso groß wie vielfältig und unterschiedlich. So begleiten Mitglieder des Lippetaler Arbeitskreises aktuell zum Beispiel eine hochschwangere Geflüchtete, die engmaschig und regelmäßig zu Untersuchungen in die Uniklinik nach Bonn muss. Angedacht ist auch ein Zirkusprojekt für Kinder in einer der drei Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) im Kirchenkreis. Elisabeth Patzsch: „Geld brauchen wir überall. Deshalb ist diese Spende ein großes Geschenk, sodass wir nun viel direkter und intensiver reagieren können.“

Auch Pfarrer Frieling sieht vielfältige Einsatzmöglichkeiten:  Unterstützung von Kindern, Familien,  Integrationsangebote (z.B. ein Café), Einzelfallunterstützung (vom Kindergarten über Nachhilfe in Grundschule bis zur Begleitung von Azubis (Sprache lernen), Rechtsberatung, psychologische Beratung und vieles mehr.

Zumal aktuell noch niemand weiß, wie sich die Zukunft der geflüchteten Menschen aus der Ukraine entwickelt und welche Herausforderungen dies dem ehrenamtlichen Engagement noch bringen wird. Johannes Becker ist übrigens zuversichtlich, dass es nicht bei den 50.000 Euro bleiben wird: „Da kommt sicher noch einiges mehr zusammen; unsere Initiative hat ja gerade erst begonnen. Zahlreiche Partner haben bereits signalisiert, dass sie sich ebenfalls noch engagieren werden.“

Pfarrer Frieling hofft, dass das Beispiel der Firma Materio Schule macht und auch andere Menschen animiert, sich zu engagieren: „Über diese tolle Geldspende hinaus ermutigen wir Bürgerinnen und Bürger, sich in der Flüchtlingsarbeit vor Ort zu engagieren und bei ihrer Kommune oder bekannten Initiativen zu informieren. Denn diese Arbeit ist wichtiger denn je und wird uns auch in Zukunft begleiten.“