Kirche der Freiheit hat ihren Platz in der Gesellschaft

Erstellt am 04.11.2021

Kirchengemeinde in Neheim feiert runden Geburtstag

Pfarrer Dr. Udo Arnoldi feierte das 150-jährige Bestehen der Evangelischen Kirchengemeinde Neheim am Reformationstag im Beisein von Superintendent Manuel Schilling sowie weiterer Gäste, zu denen auch der Arnsberger Bürgermeister Ralf Paul Bittner gehörte. Fotos: Frank Albrecht

Neheim. Ein unter Beachtung der „3-G-Regeln“ gut gefülltes Gotteshaus, viel Musik und einige Reden – das waren die gut gewählten Zutaten für die Geburtstagsfeier zum 150-jährigen Bestehen der Evangelischen Kirchengemeinde Neheim in und an der Christuskirche. Am 1. Mai 1871 wurde hier der als Diasporagemeinde gegründete Zusammenschluss evangelischer Christen durch die Veröffentlichung der Einrichtungsurkunde zur Evangelischen Kirchengemeinde Neheim, was jetzt nach Corona-bedingter Verschiebung gefeiert werden konnte.

Hausherr und Pfarrer Dr. Udo Arnoldi konnte zum mehrstündigen Festakt mit anschließendem Treffen neben dem Superintendenten Manuel Schilling auch den Bürgermeister der Stadt Arnsberg, Ralf Paul Bittner, sowie den katholischen Amtsbruder Pfarrer Stefan Jung von der St. Johannes Baptist Gemeinde und die Vertreter der drei islamischen Glaubensgemeinschaften aus Neheim begrüßen.

Gemeinsam mit Pfarrerin Gabriela Hirsch und Lektorin Heidi Keiser-Schmidt feierte Arnoldi einen abwechslungsreichen Gottesdienst, bei dem Musik und Gesang großen Anteil hatten. Ganz bewusst am evangelischen Gedenktag zur Erneuerung der Kirche habe man den verschobenen Geburtstag feiern wollen, so Pfarrer Arnoldi, der mit einem Gebet und der Gemeinde im Rücken um die „Vertiefung unserer Gemeinschaft“ bat. Er hob hervor, dass sich die Evangelische Kirche als ein Teil der Gemeinschaft verstehe, in der man lebe.

Die Begriffe „Freiheit“ und „Gemeinschaft“ prägten dann auch die Predigt von Superintendent Manuel Schilling, der auf der Geburtstagsfeier der Kirchengemeinde auch noch seinen eigenen Geburtstag feiern konnte. Dabei spannte Schilling einen weiten Bogen von der „Kirche der Freiheit“, wie sie die Evangelische Kirche darstelle, bis zur Diskussion über Freiheit in den Zeiten der Corona-Pandemie. „In den Corona-Zeiten hat das Wort Freiheit eine besondere Bedeutung erlangt“, so Schilling. Und genau dabei habe die Evangelische Kirche ein gehöriges Wort mitzureden. Und das, so gab Schilling zu bedenken, obwohl bei einer Umfrage zu den bedeutendsten Institutionen während Corona es „die Kirche“ nur auf den vorletzten Platz geschafft habe.

Superintendent Schilling machte sein Unverständnis darüber deutlich, schließlich habe die Evangelische Gemeinde wie hier in Neheim mit vielen phantasievollen Aktionen wie dem „Gottesdienst to go“ doch immer wieder von sich reden gemacht. Mit Blick auf Martin Luther, der vor 504 Jahren seine Thesen an die Tür genagelt und damit den Nerv der Zeit getroffen habe, sei es falsch, die Religion vor dem Hintergrund der Freiheit als altbacken zu betrachten. Vielmehr stehe die evangelische Gemeinschaft für einen ausgeglichenen Frieden mit den Religionen. Die Unterstützung der Willkommenskultur gegenüber Geflüchteten seit 2015 spiegele sich auch in der heute guten Verbindung zu anderen Religionen wider, wie sie auch in der Kirchengemeinde Neheim gelebt werde.

Nach einer Gesangspause überbrachte der Arnsberger Bürgermeister Ralf Paul Bittner die Glückwünsche aus Rat und Verwaltung der Stadt Arnsberg in seinem Grußwort. Bittner hob hervor, dass die Gemeinde das Leben in der Stadt Arnsberg über 150 Jahr lang mitgeprägt habe und auch jetzt noch immer engagiert in der Gemeinde gearbeitet werde. Der Arnsberger Bürgermeister hob nicht nur das vielfältige diakonische Engagement hervor, sondern lobte auch den aktiven Einsatz der Gemeinde in der Kinder- und Jugendarbeit sowie bei gesellschaftspolitischen Fragen wie dem Gedenken an den 9. November. „Sie pflegen den lebendigen Dialog in einer offenen Stadt mit vielen Religionen“, so Bittner weiter.

Der Bürgermeister gab weiter zu bedenken, dass es nicht immer selbstverständlich sei, Engagement zu zeigen. Eine Stadt müsse aber die Menschen und die Gesellschaft als Ganzes immer im Blick behalten, kritische Phasen seien nur gemeinsam zu lösen. Die Kirche nutze dabei ihre wichtige Rolle in der Gesellschaft und führe die Gemeinschaft zusammen. Dabei, so Ralf Paul Bittner, könne Kirche im Dorf auch auf die Menschen wirken, deren Verbindungen zur christlichen Gemeinschaft schon loser geworden seien. „Ich danke allen, die die Evangelische Kirche in den letzten 150 Jahren gestaltet haben“, so Bürgermeister Bittner.

Vor dem Katholischen Pfarrer Stefan Jung aus der Nachbargemeinde überbrachte Superintendent Schilling die Glückwünsche des Evangelischen Kirchenkreises nach Neheim. Er betonte, dass es eine gute Wahl gewesen sei, mit Altkreis Arnsberg zum Kirchenkreis Soest-Arnsberg zu fusionieren. In der Gemeinde Neheim seien Tradition und Moderne gut verbunden, zudem werde auch das Engagement in der Gesellschaft sehr gepflegt. Ein großartiges und ausgezeichnetes Gemeindehaus neben der Christuskirche zeige die Verbundenheit zu den Menschen. „Wenn wir an die Neheimer denken, haben wir einen Grund zur Freude“, lobte Manuel Schilling.

Pfarrer Stefan Jung beglückwünschte seine Nachbargemeinde und erinnerte daran, dass der Reformationstag lange auch Zeichen der Trennung beider Religionen gewesen sei. Vor 150 Jahren habe er hier als Katholischer Pfarrer noch nicht stehen können. „Da hat sich etwas getan“, so Jung, „es ist aber auch noch Luft nach oben!“ Jung beschrieb, dass er dankbar sei für das, was schon da ist in der Zusammenarbeit beider Gemeinden und wies auf Christus am Kreuz als verbindendes Zeichen, der ein toller Grund für Gemeinsamkeit sei. Vertreter der drei islamischen Gemeinden der Stadt schlossen sich den Glückwünschen für die Kirchengemeinde an und überbrachten ihr „Salem Aleikum“. Der Jubeltag sei eine willkommene Wissenserweiterung, die sie darin bestärke, weiter gemeinsam für die Würde der Menschen zu streiten.

Mit einem gesellschaftlichen Zusammentreffen vor der Kirche und dem Angebot zum Kirchenkabarett mit Okku Herlyn lief die Jubelfeier an der Christuskirche bis in den Nachmittag.

Hausherr Pfarrer Dr. Udo Arnoldi und Superintendent Manuel Schilling trafen zum Geburtstag der Gemeinde in Neheim mit Jakob Moshtagh auch einen gemeinsamen Bekannten aus dem Jahr 2015 wieder.

Superintendent Dr. Manuel Schilling sprach die Predigt anlässlich des Jubiläums.

Mit Musik geht bekanntlich vieles besser - auch beim runden Geburtstag der Kirchengemeinde.