Soest-Arnsberg. Erst fünf, dann zehn Minuten, schließlich dreißig und inzwischen fünfundvierzig Minuten: Das Ritual wiederholt sich nahezu jeden Morgen, sechs Tage in der Woche. Superintendent Dr. Manuel Schilling steigt in das oberste Stockwerk seines Hauses in der Soester Innenstadt, rollt vor dem Dachfenster seinen Gebetsteppich aus, zündet zwei Kerzen an und beginnt zu beten.
Für ihn ist das der perfekte Einstieg in den Tag. Nur am Samstag nicht: „Da schlafe ich aus.“ Ohne dieses Ritual geht es schlicht und einfach nicht mehr. In einem sehr persönlichen Podcast teilt Schilling künftig seine Gedanken, die ihm beim täglichen Gebet kommen. „Ich war selbst erstaunt, welche Gedanken man bekommt, wenn man mal in Ruhe betet“, sagt der Theologe.
Seit bald zweieinhalb Jahrzehnten ist er ein „Mann der Kirche“. Viele Jahre als Gemeindepfarrer, seit Juni 2020 als Superintendent im Kirchenkreis Soest-Arnsberg. Da sollte man eigentlich glauben, dass das Beten ohnehin schon immer einen großen Stellenwert hatte. „Das hat es auch“, sagt Schilling. „Aber viele Jahre ist eher nebenher gelaufen; zum Beispiel auf dem Fahrrad, wenn ich die Kinder von Kindergarten oder Schule abgeholt habe. In den letzten Jahren aber ist Beten und tägliches Nachdenken über Gott für mich immer wichtiger geworden und ich habe das Gefühl, dass mir dabei Gedanken kommen, die auch für andere interessant sind.“
Frühmorgens, wenn im Hause Schilling noch alle schlafen, beginnt er mit seinem Ritual. Den grünen Gebetsteppich, auf dem er dann vor dem Dachfenster niederkniet, hat ihm ein muslimischer Freund geschenkt, bei dem er wöchentlich seine Oliven einkauft: „Beten“, sagt er, „das ist Zeit für Gott nehmen. Ich konzentrier mich dann darauf, mich auf Gott einzulassen und ihn zu suchen.“
Zu Beginn schlägt Schilling jeweils die Tageslosung auf, liest einen Vers aus dem alten und aus dem neuen Testament: „Diese zwei Sätze reichen, sodass ich immer mehr mit diesen uralten Worten und Weisheiten verwachse und mit einem Mal ein Licht ausstrahlt. Danach bete ich für die Menschen, die ich lieb habe; aber auch für die, mit denen ich Schwierigkeiten habe. Und natürlich auch für die große weite Welt, die immer schwieriger zu begreifen und auszuhalten ist.“
45 Minuten Beten – das kann natürlich nicht jeder Menschen in seinen Alltag einbauen. „Muss man auch nicht. Deshalb dauert ja auch der Podcast keine 45 Minuten, sondern zwischen fünf und zehn Minuten“, sagt Schilling und ergänzt: „Die Frage ist doch: Wieviel Zeit braucht man täglich für Gott? Die Antwort darauf muss sich ein jeder selber geben. Viele Leute, die mir auf den ersten Podcast geantwortet haben, berichten, dass auch sie ihr ganz persönliches Ritual haben, anders als meines. Aber das ist doch gerade gut so. Ich will mit meinem Podcast Denkanstöße geben und meine Gedanken mit Gott und anderen teilen.“
Der Podcast „Dachluke – wieviel Zeit braucht man täglich für Gott“ ist ab sofort bei Spotify unter dem Stichwort „Dachluke“ oder „Manuel Schilling“. Mindestens vierzehntägig erscheint eine neue Ausgabe, die dann jeweils ab freitags abrufbar sein wird.