Mit blauem Auge davon gekommen

Erstellt am 02.12.2022

Haushaltsplan des Evangelischen Kirchenkreises wird von vielen Unwägbarkeiten begleitet

Auch in diesem Jahr tagte die Finanzsynode nur digital, im dritten Jahr hintereinander.

 

Von Hans-Albert Limbrock

Soest-Arnsberg. So ein wenig erinnert es an eine Autofahrt in dichtem Nebel. Man kennt das Ziel, weiß, wie man dorthin kommt, aber klar sehen kann man es noch nicht und unterwegs tauchen immer wieder Überraschungen aus der wabernden Nebelsuppe auf, auf die man kurzfristig reagieren muss – sonst kracht es. So ähnlich fühlt sich Bernd Göbert, Verwaltungsleiter der Kirchenkreise Soest-Arnsberg, Iserlohn, Lüdenscheid-Plettenberg, wenn er über den Haushalt des Jahres 2023 spricht.

„Da ist sehr viel Weissagung dabei“, erklärte er jetzt bei der Finanzsynode, die erneut digital stattfand. Die welt- und damit finanzpolitische Lage mit dem Ukraine-Krieg, dem China-Taiwan-Konflikt, die immer noch schwelende Corona-Krise, die hohe Inflation und die damit verbundenen zu erwartenden hohen Lohnabschlüsse – das alles sind Faktoren, die eine präzise und absolut belastbare Prognose schwierig machen. „Die wirtschaftliche Entwicklung“, so Göbert, „wird auch davon abhängen, wie kalt der Winter wird; wie gut wir durch die kommenden Monate kommen, wie stark die Rezession ausfallen wird.“

Der Verwaltungschef betonte dabei, dass die Voraussage der Landeskirche und auch der hiesigen Kirchenkreise bewusst konservativ gehalten sei: „Damit sind wir in der Vergangenheit immer gut gefahren.“ Eine Einschätzung, die durch den Blick auf das vergangene Jahr bestätigt wird: Da hatte man bei der Landeskirche in Bielefeld bei der Kirchensteuer mit Mindereinnahmen von 9,2 Prozent gerechnet. Zurzeit liegt man bei 7,7 Prozent Mehreinnahmen, allerdings ist die Tendenz seit Mitte des Jahres deutlich fallend - und die Monate November und Dezember fehlen noch. Wahrscheinlich liegt man am Ende bei dem Aufkommen des Jahres 2021, was im 560-Millionen-Euro-Haushalt der Landeskirche ein Plus von 50 Millionen Euro ausgemacht hat.

Für das kommende Jahr sind 520 Millionen Euro eingeplant, davon gehen 313 Millionen Euro an die Kirchenkreise und Kirchengemeinden. Für Soest-Arnsberg sind etwas über 15 Millionen Euro vorgesehen, 320.000 Euro mehr als im Vorjahr.

Die großen Themen Klima und Nachhaltigkeit werden auch in den kommenden Haushalten einschlägig Berücksichtigung finden. Die Klimapauschale, so der Beschluss der Landessynode zum Klimaschutzgesetz im November 2022, soll künftig mindestens 4 Prozent der Kirchensteuerzuweisungen betragen. Für den Kirchenkreis Soest-Arnsberg werden das etwas über 600.000 Euro sein. Diese Summe wird aus den Nachzahlungen 2021 stammen, die es aufgrund der höheren Kirchensteuerzuweisungen noch geben wird. Eine Belastung der Haushalte 2023 mit dieser Summe würde neben deutlichen Personal- und Sachkostensteigerungen eine Überforderung darstellen.

Wie die Mittel verwendet werden, soll im Klimaausschuss erarbeitet und dann bei der Sommersynode im Juni kommenden Jahres diskutiert werden. Göbert: „Wir brauchen an dieser Stelle einen breiten Diskussionsprozess.“ Ein wichtiges Wort wird dabei auch der neue Klimamanager Markus Kaulbars mitsprechen. Als erster Kirchenkreis innerhalb der Landeskirche hat Soest-Arnsberg diese Position eingerichtet. Mit großer Mehrheit stimmte die Synode dem Haushalt und dem Prinzip der Klimapauschale zu.

Dass die Landeskirche bei ihrer Haushaltsplanung eher konservativ und zurückhaltend vorgeht, stößt allerdings nicht überall auf Beifall. Der kreiskirchliche Finanzausschuss hat an dieser Praxis Kritik geübt. Der Beschlussvorschlag, die Landeskirche möge sich in Zukunft bei ihren Prognosen an den Steuerschätzungen des Bundes orientieren, wurde allerdings mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Sorgen bereitet die Entwicklung bei den Gemeindegliedern: Im Jahr 2021 ist der fusionierte Kirchenkreis Soest-Arnsberg erstmals unter die magische Grenze von 100.000 gesunken, nämlich auf 98.666 (2020: 100.442). Ein kleines Hoffnungszeichen: Man verliert mit 1,8 Prozent weniger als der Durchschnitt innerhalb der Landeskirche.

In seinem mündlichen Bericht hatte Superintendent Dr. Manuel Schilling eingangs der Synode die „finanzpolitische Bilanz“ mit den Worten beschrieben: „Wir sind noch einmal mit dem blauen Auge davongekommen.“ Das allerdings dürfe keinen Anlass zu allgemeiner Zufriedenheit geben: „Jemand mit einem permanent blauen Auge erregt allenfalls Mitleid, aber kein Interesse. Wen wundert’s, dass die Menschen aus so einer Kirche austreten.“

Schilling forderte „keine bessere, sondern eine andere Kirche“. Er warnte vor dem Weg der Angst, wenn man nur die nackten Zahlen betrachte und hochrechne, wann die Evangelische Kirche prognostisch in X-Jahren am Ende sei. Aber auch im Kirchenkreis, so seine Beobachtung in den Mitarbeitergesprächen, schlage sich die allgemeine negative Entwicklung nieder. Davor dürfe er als Superintendent auch nicht die Augen verschließen: „Aber ich nehme da ganz unterschiedliche Signale wahr: Da liegen Resignation und mutiger Trotz ganz nah beieinander.“ Und vor allem auf diesem mutigen Trotz müsse und werde man aufbauen. Das sei wichtig für die Zukunft – auch für die des Kirchenkreises Soest Arnsberg.

 

Verwaltungsleiter Bernd Göbert sieht zahlreiche Unwägbarkeiten, die eine punktgenaue Prognose für den Haushalt 2023 schwierig machen. Fotos: Hans-Albert Limbrock