Den Finger in die Wunde gelegt

Erstellt am 10.02.2023

Landtagsabgeordneter Heinrich Frieling nimmt über 1000 Protest-Postkarten mit nach Düsseldorf

Über 1000 Postkarten wurden dem CDU-Landtagsabgeordneten Heinrich Frieling jetzt mit auf den Weg nach Düsseldorf gegeben, von links: Susanne Klose-Rudnick, Dr. Manuel Schilling, Heinrich Frieliing, Julie Riede, Zeinab El Zein und Kathrin Risken. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Soest. Heinrich Frieling kennt die Problematik zu genüge. Der Landtagsabgeordnete aus Ense ist schließlich kommunalpolitischer Sprecher der CDU und deshalb besonders nah am Thema Flüchtlingspolitik: „Die Städte und Gemeinden in NRW stoßen alle an ihre Grenzen; wir brauchen dringend jeden Platz“, sagte er jetzt beim Besuch im Evangelischen Kirchenkreis Soest-Arnsberg, wo er über tausend Postkarten entgegennahm, mit denen auf Defizite in den Zentralen Unterbringungs-Einrichtungen (ZUE) des Landes aufmerksam gemacht werden soll.

In der Vorweihnachtszeit hatten Kirchenkreis und Diakonie von Flüchtlingskindern gestaltete Postkarten („Ich will endlich zur Schule gehen“) verteilt und dazu aufgerufen, diese zu unterschreiben, um so Druck auf das zuständige Ministerium der Landesregierung auszuüben. Zentrale Forderungen: Bessere Schul- und Bildungschancen für Kinder in den Einrichtungen, Gleichbehandlung von Flüchtlingen aus anderen Ländern mit denen aus der Ukraine.

Ein weiterer Kritikpunkt der Postkartenaktion ist die Überbelegung der Einrichtungen. Flüchtlinge, von denen viele schwer traumatisiert sind, müssen sich oft mit sechs bis acht anderen Menschen – unterschiedlicher Kulturkreise, Sprachen und Religionen – ein Zimmer teilen und haben keinerlei persönliche Privatsphäre oder Rückzugsmöglichkeit. Diakonie-Pfarrerin Susanne Klose-Rudnick: „Es ist die Aufgabe von Kirche, den Finger in die Wunde zu legen. Deshalb haben wir zu dieser Aktion aufgerufen. In den ZUE‘n gibt es Dinge, die wir bedauerlich und verbesserungswürdig finden.“

Mit Soest, Echtrop und Wickede gibt es im Kreis Soest gleich drei von 28 Zentralen Unterbringungseinrichtungen  für Flüchtlinge in Nordrein-Westfalen. Mehre tausend Flüchtlinge sind in ihnen untergebracht – manche für Jahre. Die Arbeit der Betreuer und Betreuerinnen vor Ort wird von den Initiatoren der Aktion dabei ausdrücklich geschätzt und gelobt: „Dort leistet man oft Unglaubliches“, weiß Klose-Rudnick, die die Einrichtungen regelmäßig besucht und im engen Austausch mit den Betreuungs-Organisationen ist.

Dennoch seien die Rahmenbedingungen aus Sicht von Kirchenkreis und Diakonie verbesserungswürdig, und hier sei das Land in der Pflicht, gab die Pfarrerin dem Christdemokraten mit auf den Weg. Vor allem fehle es offenbar an ausreichend Lehrerinnen und Lehrern, um das  Bildungsangebot in den Unterkünften zu verbessern. „Unsere Sorge ist groß“, so Zeinab El Zein (Diakonie), „dass viele Kinder, die ohnehin schon Jahre auf ihrer langen Flucht verloren haben, ohne Bildung bleiben. Das erschwert ihre Integration ungemein, denn Integration beginnt in Kindergarten und Schule.“

Frieling versprach, dass er die Postkarten und das damit verbundene Anliegen der zuständigen Ministerin Josefine Paul überbringen werde. Gleichzeitig erklärte er, dass er diese Aktion grundsätzlich begrüße: „Es ist gut und wichtig, dass sich Kirche in Fragen wie diesen engagiert und Flagge zeigt. Kirche muss die Stimmen erheben für die, die es selber nicht können.“ Flüchtlingspolitik sei ein wichtiges und ständiges Thema: „Das ist für uns alle eine  große Herausforderung. Wir müssen uns ständig die Frage stellen, was ist machbar; was ist realisierbar und wie kann das Zusammenleben funktionieren?“, so der Abgeordnete.

Superintendent Dr. Manuel Schilling versprach, dass der Evangelische Kirchenkreis sich auch in Zukunft für geflüchtete Menschen einsetzen werde und bot Unterstützung bei der Suche nach Plätzen zur Unterbringung Geflüchteter an. Das könnten durchaus auch Kirchen sein, die wenig oder gar nicht mehr genutzt werden: „Allerdings fehlt es hier oft noch an der notwendigen Infrastruktur wie zum Beispiel Küchen oder Sanitäreinrichtungen. Aber die grundsätzliche Bereitschaft ist bei uns vorhanden.“