Die Evangelische und Katholische Kirche will raus und sich zeigen (v.l.): Ute Paschedag,Stefanie Lappe, Kristina Ziemssen, Ingrid Josef und Wiltrud Bergmann. Foto: Daniel Kossack
Von Daniel Kossack
Geseke. Den Kirchen – sowohl den evangelischen als auch den katholischen – werden aktuell nicht unbedingt die Türen eingerannt. Gläubige bleiben fern, es wird immer schwieriger, sie zu erreichen. In Geseke haben sich die beiden Konfessionen nun zusammengetan, um dem Problem auf eine neue Weise zu begegnen: Mit einem ökumenischen Marktstand auf dem Geseker Marktplatz.
„Wir können nicht mehr darauf warten, dass die Leute zu uns kommen. Wir müssen den Trend umkehren“, sagt Pfarrerin Kristina Ziemssen. Wenn die Menschen also nicht mehr in die Kirche kommen, geht die Kirche eben zu ihnen. „Kirche als Streetworkerin“ nennt Ute Paschedag, (katholische) Gemeindeassistentin im Pastoralverbund Geseke, das.
Die ursprüngliche Idee stammt aus einer anderen Aktion des Pastoralverbunds Geseke im Oktober 2022. Damals wurde die Gemeinde gefragt: „Wo drückt der Schuh?“ und offen aufgefordert, Kritik zu üben und Vorschläge für eine Verbesserung zu machen. Dabei kristallisierte sich heraus: Es wird eine offene Kirche gewünscht, die auf die Straße geht. Das wird jetzt umgesetzt.
Die „Marktkirche“ war erstmalig Anfang Juni auf dem Marktplatz zu finden. Weitere Termine sind der 8. Juli, 5. August, 2. September, 4. November, 2. Dezember sowie 6. Januar 2024. Zukünftig werden auch besondere Themenschwerpunkte gesetzt, etwa durch Besuch von der Beratungsstelle Ehe, Familie und Lebensfragen im September oder etwa auf Postkarten, die am Stand verteilt werden.
„Es soll ein niederschwelliges Angebot sein“, so Paschedag. Die Kirche dürfe sich nicht mehr hinter Kirchenmauern verstecken und müsse gleichzeitig auch selbstkritisch sein – und Wege zur Veränderung gehen. Dabei wollen die Evangelische und Katholische
Kirche in Geseke ziehen dafür an einem Strang. „Wir haben deswegen auch ganz bewusst auf unsere Logos verzichtet und ein eigenes geschaffen“, so Paschedag. Bei der Gestaltung des Logos sowie von Flyern und Postern half eine Werbeagentur. Bunt will sich die Kirche dabei präsentieren – und mit markigen Sprüchen für Aufmerksamkeit sorgen: „Einer geht noch rein“, „Kirche tritt aus“ und „Wir kreuzen auf“.
Zu den Oganisatorinnen gehören neben Ziemssen und Paschedag auch Stefanie Lappe, Ingrid Josef, Wiltrud Bergmann und Adelheid Büker. Mit diesem Angebot will man auch die alte „Schwerfälligkeit“ (Ziemssen) von Kirche ablegen und sich gastfreundlich zeigen.
„Bei einem Kaffee öffnen sich die Menschen leichter“, ist Stefanie Lappe überzeugt, die diese Erfahrung bereits nach Gottesdiensten im Emmaus-Gemeindehaus gemacht hat. Gleichzeitig soll ein Serviceangebot etabliert werden, wie etwa die Bestellung von Messen oder von Fürbitten.
Der Glaube sei noch da, ebenso wie die Fragen nach Orientierung – die Antwort werde aber nicht mehr von der verfassten Kirche erwartet, ist Ziemssen überzeugt. Hier gelte es, anzuknüpfen und aktiv auf die Menschen zuzugehen.
„Es kann auch sein, dass ein Erfolg für uns gar nicht messbar wird“, sagt Ziemssen. Das sei aber gar kein Problem, die Idee sei langfristig angelegt. „Wir setzen ein Zeichen und sind einfach sichtbar. Dadurch erinnern sich dann langfristig auch Leute an unsere Angebote“, ist sie überzeugt. Es gehe indes keineswegs darum, zu missionieren oder Leute bekehren zu wollen, sondern einfach ums „Gesicht zeigen“. Und wer möchte, kriegt sicher auch einfach nur so einen Kaffee.