Musik für den Frieden

Erstellt am 23.11.2023

Pianist Aeham gibt hochemotionales Konzert in der Musikschule

Schon mit fünf Jahren hat Aeham Ahmad das Klavier spielen gelernt. Inzwischen ist er ein hochprofessioneller Musiker, der nun zum zweiten Mal in Soest aufgetreten ist. Foto: Hans-Albert Limbrock

Soest. Die Bilder von ihm, wie er inmitten der Trümmerlandschaft des Flüchtlingslagers von Yarmouk bei Damaskus Klavier spielt, sind 2015 um die Welt gegangen und haben ihn global bekannt gemacht. Inzwischen ist Aeham Ahmad in Deutschland, hat die deutsche Staatsbürgerschaft und in Warburg ein Haus gekauft, in dem der mit seiner Familie lebt und von wo aus er Konzertsäle in ganz Europa bereist.

Geblieben aber sind die Trümmer: In Aleppo und Idlib in Syrien sowieso. Inzwischen aber auch in Charkiw oder Mariupul und neuerdings auch in Gaza. Wieviel Trümmer Ahmad, der unter unvorstellbaren Bedingungen in einem Flüchtlingslager groß geworden ist, auf seiner Seele mit sich trägt, lässt sich nicht nur erahnen. Denn man kann es fast körperlich spüren, wenn er die Tasten des Flügels fast schon malträtiert und mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck seine arabischen Weisen vorträgt.

Zum zweiten Mal war der Ausnahmemusiker jetzt in Soest. In Kooperation haben Musikschule und Evangelischer Kirchenkreis dieses Konzert und die gemeinsame Lesung mit Dr. Andreas Lukas möglich gemacht. Der Tylman-Susato-Saal war an diesem nasskalten und trüben Novemberabend voll besetzt. Mehr noch: Es mussten sogar noch Stühle nachgeholt werden.

Begrüßt wurde das Publikum durch den Öffentlichkeitsreferenten des Kirchenkreises, Hans-Albert Limbrock, sowie Ulrich Rikus. Der Leiter der Musikschule betonte, dass Musik mehr Verbindendes als Trennendes habe und versprach einen Abend zwischen Orient und Okzident.

Obwohl Ahmad palästinensische Wurzeln hat, vermied er jedes Wort zum Nahost-Konflikt. „Wir geben keine politischen Statements ab. Wir haben nur eine Botschaft. Und das ist Frieden; in Syrien ebenso wie in der Ukraine oder in Gaza, dem Sudan oder sonstwo auf dieser Welt“, erklärte Andreas Lukas, der seit einiger Zeit den Musiker vertraglich berät, mit ihm auf Tournee geht und aus dem gemeinsam verfassten Buch „Taxi nach Damaskus“ sowie aus seinem Lyrik-Band „Der blaue Diamant“ zur Musik von Ahmad vorliest. „Seit 2011“, ergänzte Lukas, „ gibt es den Krieg in Syrien. Er ist immer noch da, ist nur aus unserem Blickfeld geraten, weil andere Kriege in den Vordergrund gerückt sind. Doch die Geschichten, die diese Kriege produzieren, sind immer und überall gleich.“

Getragen wurde der Abend vom virtuosen und emotionsgeladenen Klavierspiel des international hochdekorierten Musikers Aeham Ahmad, der mit seinen Improvisationen und der Verbindung von arabischem Gesang immer wieder überraschte. Unerwartet kristallisierten sich dann plätzlich bekannte Melodien aus seinem Spiel heraus, die das Publikum mitsingen oder auch nur mitsummen konnte: „Die Gedanken sind frei“, „Schlaf Kindchen schlaf“ oder auch die Ode „An die Freude“ von Friedrich Schiller, die Ludwig van Beethoven als „Freude schöner Götterfunken“ vertont hat.

Nach knapp zwei Stunden dann ein explosiver Abschluss eines bemerkenswerten Abends, den die Besucherinnen und Besucher mit lang anhaltendem Applaus honorierten. Mit seinen Händen löste Ahmad auf den Saiten des Steinway-Flügels Töne aus, die an fernes Bomben-Grollen erinnern. Dazu las Dr. Lukas: „Frieden ist das, was fehlt. Frieden ist das, was zählt.“