Arnsberg ist bunt und bleibt bunt

Erstellt am 09.02.2024

Aufstand aller Demokraten gegen Hetze und Fremdenfeindlichkeit

Bei der Demonstration unter dem Motto „Arnsberg steht auf!“ in Neheim wurden rund 3.500 Teilnehmende auf dem Marktplatz geschätzt.

Von Frank Albrecht

Neheim. Ein breites gesellschaftliches Bündnis von über 100 Vereinen, Organisationen und Initiativen hatte jetzt zum Protest gegen Hetze und Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. Neben den Gewerkschaften, Parteien und Vertretern aus der Wirtschaft nahmen auch die Evangelische und Katholische Kirche an dem starken Protest in Neheim teil, der unter dem Motto „Arnsberg steht auf – für Demokratie und gegen Faschismus“ stand.

Superintendent Dr. Manuel Schilling und Pfarrer Daniel Maiworm aus der St. Petri-Gemeinde in Hüsten traten dabei zusammen auf die Bühne, um für Solidarität und ein gesellschaftliches Miteinander zu werben. Der Marktplatz vor der St. Johannes-Kirche war komplett gefüllt, nach Schätzungen beteiligten sich rund 3.500 Menschen an der Protestveranstaltung, die von einem Bündnis Arnsberger Parteien initiiert wurde. Über gut 90 Minuten wurden verschiedene Rednerinnen und Redner durch Carolin Linke von Radio Sauerland moderiert und vorgestellt, begleitet von Musikbeiträgen eines ukrainischen Frauenchors aus Sundern und dem Gitarristen Florian von der Band „Arkaden“.

Bewusst hatten sich die Organisatoren der Veranstaltung dazu entschlossen, vor allem den Gruppen aus der Mitte der Stadtgesellschaft eine Bühne zu geben. So startete auch Thomas Binnberg vom Turnverein Arnsberg (TVA) leidenschaftlich. „Der Sport ist ein Türöffner für Ideen, die in der Gesellschaft nicht gängig sind“, so Binnberg, mit Blick auf die „Glückskinder“ des TVA, eine integrative Handballmannschaft, die Kinder mit und ohne Einschränkungen den Weg zum Sport ermöglicht. Es sei wichtig in Arnsberg zum Ausdruck zu bringen, dass man verschieden sein will. „Und wenn es darauf ankommt, stehen wir füreinander ein“, so Binnberg, „Arnsberg ist bunt und bleibt bunt!“ Für diese Aussage gab es laute Rufe und Applaus als Zustimmung aus der Menge.

Über diese Reaktionen durften sich auch weitere Rednerinnen und Redner freuen, die von der Gesellschaft eine klare Kante gegen Rechts einforderten. Für den Unternehmensverband Westfalen Mitte trug dessen Geschäftsführer Dr. Volker Verch aus Arnsberg die Haltung der heimischen Wirtschaft vor. „Arnsberg steht auf – das ist eine Allianz der gesellschaftlichen Mitte für Demokratie“, so Verch unter dem Applaus der Anwesenden. „Die Wirtschaft setzt auf Weltoffenheit, wir müssen als Standort Deutschland attraktiv bleiben.“ Deshalb wolle man sich für die Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung erheben, mahnte der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes.

„Wir haben die rassistische Hetze satt“, rief die Erste Bevollmächtigte der IG Metall, Carmen Schwarz, den über 3.000 Menschen auf dem Marktplatz zu. Gewerkschaften würden nicht nach Religion, Herkunft oder Geschlecht differenzieren. Engagiert betonte sie die Pflicht aller Demokraten in der Gesellschaft, die Demokratie zu verteidigen. „Jetzt gibt es kein Zuschauen mehr“, so Schwarz in ihrer kämpferischen Rede. Positive Begriffe wie den der „Heimat“ wolle man sich nicht wegnehmen lassen und dabei auch nicht auf die Nebelkerzen hereinfallen, die von der AfD gezündet würden. Rassismus und Ausgrenzung sei ein Verbrechen, gegen das jetzt Zivilcourage gezeigt werden müsse.

Die Menschen im Blick haben

Wieder gemäßigtere Töne gab es von den Vertretern der beiden großen Kirchen in Arnsberg zu hören. Superintendent Dr. Manuel Schilling vom Evangelischen Kirchenkreis Soest-Arnsberg und Pfarrer Daniel Maiworm von der St. Petri-Gemeinde traten dazu gemeinsam auf die Bühne um, wie Superintendent Schilling betonte, bewusst einen religiösen Akzent zu setzen. „Wir tragen Verantwortung, ein Ganzes zu bleiben“, sagte zunächst Pfarrer Maiworm. 78 Jahre lang habe man in Einigkeit und Recht und Freiheit gelebt – das wolle man sich nicht kaputt machen lassen. Man könne zudem nicht zulassen, dass das hohe Gut der Demokratie mit Füßen getreten werde. „Wir aber müssen Menschen sein, die die Menschen im Blick haben – sei ein Mensch!“, betonte Maiworm. Die Kirche würde stets für alle eintreten, die in der Gesellschaft Schutz suchen.

Dass bei der Debatte um Migration auch die Religion ins Spiel kommt, machte Superintendent Dr. Manuel Schilling in seinem Beitrag klar. Dabei bezog sich Schilling auf das Dritte Buch Mose mit dem Bekannten Satz „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“. Der Superintendent beschrieb mit Bezug auf die Bibel, dass auch die Urgemeinde um Jesus „ein ziemlich multikultureller und internationaler Haufen“ gewesen sei. Und – wer etwas anderes über das christliche Abendland sage, der habe entweder keine Ahnung oder wisse nicht, wovon er rede. „Die Kirche wird sich nicht vor einen üblen Karren spannen lassen“, so der Superintendent. Menschen, die Hass und Angst säen, würden in der Kirche auf klaren Widerstand treffen, versicherte Schilling den Anwesenden. Der Superintendent lobte, dass gerade in Neheim das gemeinsame Gespräch mit Muslimen eine stolze Tradition sei und dass die Religionen in Neheim stets friedlich miteinander unterwegs seien.

Dr. Manuel Schilling forderte von der Gesellschaft, dass man bei der Steuerung und Begrenzung der Migration vor allem Geduld und Verständnis für einander brauche. „Wir dürfen nicht zu Feinden werden“, mahnte der Superintendent unter dem Applaus der Zuhörerinnen und Zuhörer. Er schloss einen Beitrag zur Protestveranstaltung mit den Worten: „Wir wollen keine Angst gegenüber den Hassmachern zeigen und das Gebot erfüllen – Liebe deinen nächsten…“, so der Superintendent.

Zum Abschluss der bewegenden Veranstaltung beteiligten sich Hunderte auf dem Marktplatz daran, ein Licht leuchten zu lassen und so ihrer Hoffnung, ihrem Protest und vor allem ihrem Zusammenhalt für Demokratie und gegen Ausgrenzung ein sichtbares Zeichen zu setzten.

 

Kirche bezieht deutlich Stellung gegen Hass und Ausgrenzung: Superintendent Dr. Manuel Schilling (li.) und Pfarrer Daniel Maiworm sprachen bei der Demonstration in Neheim. Fotos: Frank Albrecht

Neben zahlreichen Reden aus vielen gesellschaftlichen Bereichen trat auch ein ukrainischer Chor aus Sundern in Neheim auf.