Zuflucht im Kirchenasyl

Erstellt am 17.05.2024

Kirchengemeinde Weslarn sucht Ehrenamtliche für den Unterstützerkreis

Pfarrer Ralph Frieling und ein engagierter Unterstützerkreis kümmern sich schon seit sieben Jahren um Menschen, die im Kirchenasyl Zuflucht suchen. Archivfoto: Hans-Albert Limbrock

Weslarn. Seit 2017 bietet die Kirchengemeinde Weslarn Geflüchteten in einer humanitären Notlage Kirchenasyl an. So zum Beispiel Anastasia (Name geändert). Die junge Frau hat in Moskau Demonstrationen für die Opposition um Alexander Nawalny mit organisiert. Sie wurde von der Polizei und dem Geheimdienst bedroht und zeitweise verhaftet. Schließlich traf sie die schwere Entscheidung, Russland zu verlassen. Ihren Sohn ließ sie dort beim Vater.

Anastasia gelang die Ausreise nach Tschechien. An der Grenze wurden ihre Fingerabdrücke genommen und damit war sie als Flüchtling in der europäischen Datenbank registriert. Sie reiste weiter nach Deutschland und beantragte hier politisches Asyl. Doch ihr Antrag wurde abgelehnt, da Tschechien, der Fingerabdruck zeigte es, als Erstaufnahmeland für ihren Asylantrag zuständig war. So sieht es die europaweit geltende Dublin-Regel vor. Ein Flüchtling kann nur in demjenigen Land Asyl beantragen, das er in Europa zuerst betritt.

Die Rückführung nach Tschechien kann aber große humanitäre Härten bedeuten: von der Obdachlosigkeit über eine mögliche Abschiebehaft unter unmenschlichen Bedingungen bis hin zur möglichen Abschiebung nach Russland. Dort droht ihr unmittelbar politische Verfolgung mit Einschüchterung, Inhaftierung, Misshandlung.

Die junge Frau, traumatisiert und in psychischer Behandlung, war verzweifelt. Pfarrer Ralph Frieling: „Im Kirchenasyl bei uns konnte sie aufatmen, zur Ruhe kommen, weiter Deutsch lernen und in der Gemeinde Freunde finden. Nach sechs Monaten konnte sie das Kirchenasyl verlassen. Ihr Asylantrag wurde positiv beschieden.

„Ein humanitärer Härtefall“, so Frieling, „Wir sind dankbar, dass das Kirchenasyl in Deutschland rechtlich geduldet und aufgrund klarer Absprachen zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von den Behörden respektiert wird.“

Im Gemeindehaus ist Platz für zwei Personen. Möglich ist das Kirchenasyl auch deshalb, weil es einen Unterstützerkreis gibt. Ehrenamtliche kaufen auf Kosten der Gemeinde Lebensmittel ein, besuchen die Gäste im Kirchenasyl im Gemeindehaus auf einen Tee und führen Gespräche. Sie lernen mit ihnen Deutsch und haben ein offenes Ohr, einen nüchternen Blick für das, was gebraucht wird und ein weites Herz. Sie nehmen sich ca. zwei Stunden in der Woche Zeit.

Um das Kirchenasyl weiter gewährleisten zu können, sucht die Gemeinde weiter Ehrenamtliche. Wer interessiert ist, kann sich direkt an Pfarrer Frieling wenden.

Anastasia lebt heute bei Bonn. Sie macht einen Sprachkurs auf B2-Niveau und hilft nebenbei anderen, die ebenfalls aus ihrem Heimatland fliehen mussten. Sie wird ihren Weg beruflich und privat gehen. Und hoffentlich bald ihren Sohn wieder sehen.