Diese Kirchen sind ein Schatz

Erstellt am 05.07.2024

Im Kirchenkreis Soest-Arnsberg ist der Prozess der Gebäudereduzierung angelaufen

Kennt die Sorgen und Ängste in den Gemeinden, die mit der Diskussion um die Zukunft der Kirchen verbunden sind: der Ostönner Pfarrer Volker Kluft: „Das ist ein hochsensibles Thema“. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Soest. Die nach der Sommersynode publizierte Nachricht, im Kirchenkreis Soest-Arnsberg solle der Gebäudebestand bis 2030 halbiert werden, um auch für die Zukunft handlungsfähig zu bleiben und weiterhin ein attraktives Gemeindeleben garantieren zu können, hat in einigen Kirchengemeinden für Irritationen gesorgt und Ängste bei den Gemeindegliedern ausgelöst. Vor allem, die in der Tagespresse formulierte Vermutung, dass damit auch jedes zweite der aktuell noch knapp über fünfzig Gotteshäuser betroffen sei, hat den Unmut und die Verunsicherung verstärkt.

„Natürlich werden wir nicht jede zweite Kirche aufgeben. Das ist zu verkürzt dargestellt“, erklärte Superintendent Dr. Manuel Schilling jetzt bei einem Pressegespräch im Soester Kreiskirchenamt und ergänzte: „Zur bitteren Wahrheit gehört aber, dass auch die Umnutzung von Kirchen mit in die Überlegungen einbezogen werden muss und kein Tabu sein darf; auch Schließungen sind dabei im Einzelfall nicht ausgeschlossen.“

Im Fokus stehen aber zunächst die profanen Gebäude – Pfarrhäuser, Gemeindehäuser und auch Grundstücke. Insgesamt umfasst der Bestand im Kirchenkreis aktuell 240 Gebäude, davon sind knapp fünfzig Kirchen. „Vor allem die Kirchen sind natürlich ein hochsensibles Thema“, sagt Pfarrer Volker Kluft, der die Unruhe in seiner eigenen Gemeinde Ostönnen erfahren hat. „Mit den Kirchen verbinden die Menschen viele emotionale Erlebnisse; hier wurden sie getauft, haben geheiratet und  sich von geliebten Menschen verabschiedet. Eine Kirche zu schließen, wäre daher ein äußerst liebloser Akt.“

Dank der  akribischen Bestandsaufnahme, die Klimamanager Markus Kaulbars in den vergangenen zwei Jahren geleistet hat, hat der Kirchenkreis einen ziemlich guten Überblick über den Zustand aller Gebäude. Hier wird nun genau geschaut, wo es Sinn macht, die Gebäude – in der Regel Gemeindehäuser – energetisch fit zu machen und welche überhaupt in Zukunft noch genutzt und gebraucht werden. „Unser Ziel, die Klimaneutralität des Kirchenkreises zu erreichen, ist natürlich nach wie vor aktuell“, betont Schilling.

Neben den Gemeindehäusern werden auch die Häuser in den Blick genommen, die bisher von Pfarrerinnen und Pfarrern bewohnt werden oder wurden. Denn auch hier gibt es deutlich weniger Bedarf. Während es vor einigen Jahren zum Beispiel in Soest noch zwölf Pfarrerinnen und Pfarrer gab, die fast alle in gemeindeeigenen Häusern gewohnt haben, werden das in 2030 nur noch drei sein. Für die dadurch freiwerdenden Häuser gibt es in jedem Fall einen Markt.

„Für die Gemeinden“, so Kluft, „bedeutet das, dass sie ihre Hausaufgaben machen müssen. Erst dann wird man Entscheidungen treffen können und treffen müssen. Und diese Entscheidungen werden auf Gemeindeebene gefällt.“ Deshalb wurden inzwischen überall Arbeitskreise gegründet, die nach Antworten auf diese großen Zukunftsfragen suchen. Superintendent Schilling weiß, dass diese Diskussionen schmerzhaft sein werden: „Es gibt verständlicherweise ein großes Beharrungsvermögen und damit sind auch Ängste verbunden.“ Dennoch ist er zuversichtlich, dass Gemeinden und Kirchenkreis gestärkt aus diesem Prozess hervorgehen: „Die Kirche der Zukunft wird bunter und ich habe richtig Bock darauf, diesen Weg mitzugestalten. Wir dürfen dabei nicht nur in Steinen, sondern müssen in christlichen Botschaften denken. Ich rede deshalb nicht von einem Abbau, sondern von einem Umbau der Kirche als Institution.“

Dass die zukünftige Nutzung der Kirchen und damit auch deren Erhalt eine wahre Herkulesaufgabe wird, weiß man natürlich auch im Kirchenkreis; dies gilt vor allem für die historischen und denkmalgeschützten, wovon es allein in Soest sowie Ostönnen und Meiningsen gleich acht gibt. „Bei einigen werden wir die Nutzung verändern. Dazu braucht es viel Phantasie. Aber die Gebäude als solche werden natürlich erhalten bleiben.“ Kluft und Schilling sehen dies als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Schilling: „Diese Kirchen sind ein Schatz und damit Teil des gemeinsamen Erbes von Stadt und Börde. Vor 800 Jahren wurden diese Kirchen nicht mit Kirchensteuern errichtet, sondern von engagierten Bürgerinnen und den politisch Verantwortlichen. Sie dienten nie rein geistlichen Zwecken, sondern waren auch Ausdruck gemeinschaftlichen Engagements und von Bürgersinn.“

Julie Riede (Fundraising) und Superintendent Dr. Manuel Schilling nahmen bei einem Pressegespräch zur zukünftigen Gebäudestruktur im Kirchenkreis Stellung.