Wir haben uns getraut, etwas Neues zu wagen - Interview mit Superintendent Dieter Tometten

Soest/Arnsberg. Mit dem Jahreswechsel wird der Zusammenschluss der Kirchenkreise Soest und Arnsberg offiziell. Superintendent Dieter Tometten gibt in einem Interview mit dem Öffentlichkeitsreferenten des Kirchenkreises, Hans-Albert Limbrock, einen Ausblick, was diese Fusion für die knapp 110.000 Evangelischen Christen, die zwischen Medebach und der Niederbörde und Sundern und Geseke wohnen, bedeutet.

  1. Mit dem Jahreswechsel und dem Vereinigungsgottesdienst am 6. Januar in der Wiesenkirche wird der Zusammenschluss der Kirchenkreise Soest und Arnsberg offiziell. Bis dahin war es ein weiter und langer Weg. Was ist bei Ihnen rückblickend aus diesem Prozess hängengeblieben?

Der Weg war lang, weil wir uns gegenseitig Zeit der Orientierung, des Kennenlernens, des Nachfragens und der Suche nach Alternativen gelassen haben. Wir wussten, dass man gründlich planen muss, wenn etwas Haltbares herauskommen soll.
Als die beiden Kirchenkreise schließlich offiziell die Vereinigung anstrebten, ging es dann sehr zügig. Alle beteiligten Gremien haben sehr intensiv in sehr knappem Zeitrahmen gearbeitet. Da bewährte sich die lange Vorbereitungsphase. Hängen geblieben ist, wie unterschiedlich die bisherigen Kirchenkreise und auch ihre Kirchengemeinden sind. Im Respekt für die verschiedenen Ausprägungen kirchlichen Lebens und Arbeitens konnten wir einige Verbesserungen gegenüber dem Bisherigen realisieren.

  1. Bei nahezu jeder einschneidenden Veränderung gibt es auch immer die Gefahr des Widerstandes. Wie sind die Verantwortlichen damit umgegangen?  

Jeder Veränderungsprozess stellt ja das Bisherige in Frage. Das löst – mal abgesehen von Ablehnung, zu der ja jeder sein eigenes Recht hat – immer auch Missverständnisse, Irritationen und Verunsicherungen aus. Dann kommen Konflikte heraus, die gar nicht so leicht zuzuordnen und deren eigentliche Triebkräfte schwer aufzuspüren sind. Das geht natürlich auch an Schmerz- und Belastungsgrenzen. Erstaunlich ist das nicht. Erstaunlich ist eher, dass wir mehr als einmal Wege der Verständigung daraus gefunden haben. Ich war da für ein Bibelwort sehr dankbar: „So viel an euch liegt, haltet mit jedem Menschen Frieden.“ 

  1. Der Zusammenschluss erfolgt zu einer Zeit, wo die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgrund der Steuer-Mehreinahmen durchaus positiv sind. Ist der Zeitpunkt für den Zusammenschluss deshalb ideal oder hätte man nicht auch noch ein paar Jahre warten können?

Der Zeitpunkt ist gerade richtig. Alle Verantwortlichen in der evangelischen Kirche haben ein hohes Problembewusstsein für die zukünftigen Herausforderungen entwickelt: die älter werdende Kirche in der unkirchlicher werdenden Welt. Jetzt können wir Personen und materielle Ressourcen einsetzen, die wir noch haben, um die Ausgangsbedingungen für die Zukunft zu verbessern. Zum Beispiel das Ehrenamt nicht nur zu fordern, sondern zu stärken. Zum Beispiel Kooperationen zu entwickeln. So etwas lässt sich nicht mehr machen, wenn man mit dem Rücken zu Wand steht.

 

  1. Ist die Fusion mit Arnsberg alternativlos? Oder gab es auch Gespräche mit anderen Kirchenkreisen?

Es haben nach vielen Seiten hin, zum Teil auch offizielle, Sondierungen stattgefunden, bis die Reife für diesen Zusammenschluss erreicht war.

 

  1. Der neue Kirchenkreis ist vor allem durch eine riesige Fläche gekennzeichnet. Um von A nach B zu kommen, kann es manchmal bis zu zwei Stunden Fahrtzeit dauern. Wie wollen Sie es schaffen, dass die Menschen trotzdem zusammenrücken und den Kirchenkreis als Einheit empfinden?

Tatsächlich wird der Kirchenkreis Soest-Arnsberg der flächengrößte der Westfälischen Landeskirche. Er richtet jedoch sein Potential für die Arbeit vor Ort aus. Wir errichten sogar neue Stellen, um in den Regionen mehr Präsenz zu zeigen. Einzelne, wie ich selbst, werden natürlich weitere Fahrten haben. Für kreiskirchliche Begegnungen, Beratungen, Veranstaltungen, Gottesdienste werden wir darauf achten, dass es sich lohnt, dafür Zeit zu haben. So wie wir es mit dem Gründungsgottesdienst am 6. Januar in der Wiesenkirche Soest tun. Außerdem gibt es mit Soest und Meschede bzw. entlang der Möhne natürliche Zentren, zu denen für viele die Fahrt nicht erheblich länger dauert, als man es im alten Kirchenkreis gewohnt war.

  1. Wie soll angesichts der zum Teil weiten Fahrten eine produktive Zusammenarbeit der Gremien funktionieren?

Wir reduzieren die Parallelstrukturen zB der Ausschüsse und in manchen Arbeitsbereichen, die bisher für dieselbe Arbeit insgesamt deutlich mehr Wegezeit ihrer Mitglieder verbrauchten. Als Organisation der Zukunft werden uns auch geeignete Kommunikationsmittel zur Verfügung stehen, die manche Fahrt erübrigen.

  1. Welche Rolle wird der ökumenische Gedanke in diesem neuen Konstrukt spielen?

Die Ökumene ist in beiden Kirchenkreisen und in vielen Kirchengemeinden lebendig und fruchtbar. Sie ist sowieso konstitutiv für die Kirche. Auch hier gilt die Einsicht in die Verschiedenheit der Bedingungen im Süden und im Norden. Alle ökumenischen Partner haben herzlich bekräftigt, dass da nichts ins Stocken geraten soll, auch wenn es unterschiedlich eingespielt ist. Wunderbar! Dafür werden wir immer genug Kräfte und Möglichkeiten finden.

  1. Was sind die deutlichsten Vorteile des Zusammenschlusses; inwieweit werden die Gemeindeglieder davon profitieren?

Die Vereinigung bietet die Gelegenheit, einige Anpassungen an die moderne Entwicklung der Kirche einzuarbeiten. Sachorientierte Maßstäbe, überprüfbare Qualitätskriterien und Richtlinien erlauben den präziseren Einsatz von Personen und materiellen Ressourcen. Damit können die vorhandenen Mittel anders verteilt werden. Tatsächlich bekommen die Gemeinden mehr Geld, ohne die kreiskirchlichen Arbeitsbereiche zu schwächen. Die kreiskirchlichen Dienste werden sich wie zuvor schon im Kirchenkreis Arnsberg intensiver um Angebote für die Gemeinden kümmern. Hier wird auch die Qualifizierung und Begleitung von Ehrenamtlichen für die Gemeinden verankert. Besonders in der Seelsorge, aber auch in der Flüchtlingsarbeit werden neue Akzente gesetzt. Die Wahrnehmung überregionaler Aufgaben und auch die Vertretungsaufgaben in Krankheitsfällen verteilen sich jetzt auf mehr Schultern und erlauben flexiblere Lösungen.

  1. Sie selbst sind nun noch knapp anderthalb Jahre als Superintendent im Amt. Was wollen Sie in dieser Zeit in jedem Fall erreichen, welche Projekte haben Priorität?

Ich möchte meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger möglichst viel erledigte Umstellungsaufgaben hinterlassen. Die unzähligen konkreten Umsetzungen, die Implementation neuer Konzepte, die Einarbeitung der neuen Stelleninhabenden, gegenseitiges Kennenlernen. Es werden intensive Monate werden, auf die ich mich freue, weil ich ganz viel Interesse bei vielen spüre.

  1. Was wünschen Sie schon jetzt Ihrem Nachfolger, Ihrer Nachfolgerin, wenn Sie im Mai 2020 in den Ruhestand gehen, zu hinterlassen?

Das ist ein Wunsch, an dem wir arbeiten können: Dieser Mensch soll sich auf seine neue Arbeit im Kirchenkreis Soest-Arnsberg richtig freuen können! Wie übrigens auch die, die in den neuen oder wieder zu besetzenden Stellen anfangen.