Leben im Orden - ein notwendiger Gegenentwurf heute. Diakonissen, Schwestern und Mönche erzählen aus ihrem Leben.

Erstellt am 29.01.2019

Von Bettina Mander

Marsberg. „Klösterliche Lebensgemeinschaft – Modell mit Zukunft?!“. Das war das Thema des diesjährigen ökumenischen Neujahrsempfangs. Klöster passen noch in unsere Gesellschaft. Gerade heute. Da sind sich die Schwestern der Diakonissenkommunität Zionsberg in Scherfede mit den Brüdern der Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede einig.

Im ökumenischen Gottesdienst in der Propsteikirche kamen Schwester Marika Haack, Schwester Margot Petry sowie Bruder Vincent Grunwald und Bruder Benedikt Altemeier zu Wort. Zwei erzählten von ihrem Weg ins Kloster. Schwester Marika wurde als Kind von ihren Eltern abgelehnt. Sie war immer auf der Suche nach jemandem, der sie liebte. Schließlich fand sie diese Liebe in Gott. Schon im Kinderheim lernte sie die Kommunität in Scherfede kennen. Die Entscheidung für den Orden und gegen eine eigene Familie hat sie sich trotzdem nicht leicht gemacht. Als sie sich dann aber für ein Ja entschieden hatte, war klar, dass sie nach Scherfede ziehen würde.
Seit seiner Schulzeit berührt Bruder Vincent Grunwald das „Komm, folge mir nach“ von Jesus. Wie ein roter Faden habe sich das Vertrauen durch sein Leben gezogen, dass es einen Gott gibt, der eine Beziehung mit ihm möchte. Schließlich studierte er Theologie. Aus Warstein kommend, schaute er sich schon wegen der räumlichen Nähe die Benediktinerabtei einmal an. Und da sei ganz schnell der Funke übergesprungen. Besonders schön findet er es, dass dort alle Generationen vertreten sind. 49 Brüder sind es zurzeit. Die Jüngeren können von den Älteren lernen, manchmal aber eben auch andersherum. Seit dreieinhalb Jahren ist er jetzt in Meschede. In einem Jahr will er sich endgültig für das Leben dort entscheiden. Die Freiheit und Unabhängigkeit von weltlichen Gütern machten einen frei für Gott, sagt er. Bruder Vincent schätzt es, dass er in der klösterlichen Gemeinschaft unter Menschen lebt, die sich mit denselben Fragen auseinandersetzen wie er. Gemeinsam mit Bruder Benjamin Altemeier ist er in der Abtei Gastbruder. Sie sind zuständig für die Begleitung der Gäste, die sich Gespräche oder Antworten auf ihre Fragen erhoffen. Bruder Vincent spielt auch die Orgel in der Abteikirche.  

Der ökumenische Neujahrsempfang in der Alten Propstei war von Mitgliedern beider Konfessionen sehr gut besucht. Auch die Franziskanerinnen aus Indien waren anwesend, die im St.-Marien-Hospital leben und in der Pflege tätig sind. Auf ihre Fragen bekamen die  Gäste offene sowie manchmal überraschende Antworten. Wie so eine Entscheidung für das Kloster verlaufe, wollten einige wissen. Bei den Schwesterndauert es nach dem Postulantenjahr sieben Jahre, bis sie sich für oder gegen das Ordensleben entscheiden. „Wenn eine so lange geblieben ist, hat sie sich aber auch für uns entschieden. Dann ist der Lack ja sowieso ab“, sagt Schwester Margot mit einem Augenzwinkern. Voraussetzung für den Eintritt ist eine abgeschlossene Berufsausbildung oder mindestens Abitur. Das gilt für beide Gemeinschaften und hat ganz praktische Gründe. Wer sich doch gegen diesen Weg entscheidet, kann dann in den vorher ausgeübten Beruf zurückkehren und stehe nicht vor dem Nichts.  

Alle vier sind überzeugt, dass die klösterliche Lebensgemeinschaft Zukunft hat. Gerade heute in unruhigen Zeiten sei sie zu vielem das Gegenmodell. Das Ordensleben stehe für Treue, Beständigkeit und Verbindlichkeit. Werte, die in unserer Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich sind. „Dem Verzicht, den man ohne Zweifel lebt, steht etwas gegenüber, das wertvoller ist. Am Ende der Bilanz steht für uns ein klares Plus“, sagt Bruder Benjamin. Auch Schwester Marika ist fest davon überzeugt, dass die Gesellschaft dieses Lebensmodell braucht. Vor allem für Menschen mit der Sehnsucht, geliebt, angenommen und verstanden zu werden. Vielleicht gehen viele Menschen deshalb heute zumindest für eine Weile ins Kloster, um Stille zu erleben, zur Ruhe zu kommen und um Antworten auf Fragen zu finden, die ihnen das Leben gestellt hat.

Propst Meinolf Kemper und Pfarrer Markus Pape (hinten von links), Diakon Gisbert Nolte, Schwester Margot, Schwester Marika, Bruder Vincent, Bruder Benedikt (mittlere Reihe von links) und vorne vier junge Messdienerinnen der Propsteigemeinde.