Soest. Die Ausmalung der Soester Hohnekirche gilt als bedeutend für die mittelalterliche Gestaltungskunst des 13. Jahrhunderts: Auch wenn bekannt ist, dass die erst 1889 im Zuge von Renovierungsarbeiten wiederentdeckten Wandmalereien freigelegt, abgepaust und wieder neu aufgelegt worden sind, schüttete Restaurator Andreas Ahlers beim Besuch einer Wandmalereien-Fachgruppe des Verbandes der Restauratoren eine Menge Wasser in den Wein der Gemeinde: „Fake des 19. Jahrhunderts“, so erklärte er den Fachleuten aus dem ganzen Lande. Nur kleine Flächen des „Paradieses“ im Gewölbe des Gotteshauses sind in ihrer ursprünglichen Form erhalten, verschiedenste Renovierungsphasen veränderten auch das Aussehen der Heiliggrabnische, die ebenfalls mehrere Restaurierungs-Schritte erlebte und durch die Zerstörung eines Fensters im Krieg erhebliche Wasserschäden erleiden musste. Auch die Deckenmotive des Katharinenchores und auch die ursprüngliche Ausgestaltung des Hauptchores sind noch in Resten erhalten.
„Idealisierend und in andere Zeiten transformiert“, seien die Darstellungen des Paradieses: Die Pausen der neuen Gestaltung seien noch im Denkmalamt in Münster gelagert, leider habe der ausführende Hofmaler Adolf Quensen seinerzeit auch rabiate Methoden eingesetzt, als er mit den Restaurierungsarbeiten beauftragt wurde und bis auf wenige Quadratmeter den ehemals mittelalterlichen Bestand abschlug.
„Was bleibt ist eine neue Interpretation, die natürlich schon wieder Bedeutung erlangt, weil sie auch schon wieder 100 Jahre alt ist“, räumte der Restaurator der Paderborner Werkstatt „Arscolendi“ ein.
Ergänzend zu seiner eindeutigen Position konnte Ahlers natürlich doch noch viele bemerkenswerte Details über „Maria zur Höhe“ beisteuern. Gemeinsam mit dem Architekten des Kreiskirchenamtes, Dirk Pieper, erläuterte er die umfangreichen Renovierungsschritte der vergangenen Jahre an Turm und Fassade, den Einsatz zum Erhalt der Kirche, die auch in Zukunft Zuwendung bedarf.
Unterschiede zwischen Original und Malerei des 19. Jahrhunderts sind an der Südwand neben dem Scheibenkreuz dokumentiert. Gewölbe und Pfeiler wurden erstmals um etwa 1220 mit Ornamenten, Fabeltieren und Lebensbäumen ausgemalt, auch die Scheitelrippen einiger Gewölbe wurden malerisch dargestellt.
In einigen Bereichen blieben die figürlichen Darstellungen erhalten: Gottvater, Adam und Eva, Kain und Abel: Zu erahnen ist noch der Aufwand, der zur Farbgestaltung gewählt wurde: Goldauflagen fanden Verwendung, das dunkle Blau wurde aus gemahlenem Lapislazuli gewonnen, das Pigment für die Farbgestaltung verdeutlicht ebenso die zeitgenössische Bedeutung mittelalterliche Bildgestaltung.
Zuvor widmete sich die Restauratoren-Gruppe der Nicolaikapelle, die dortige figürliche Wandmalerei im so genannten Zackenstil stammt aus der Zeit um 1250. In der Petrikirche verdeutlichten Dirk Pieper und Statiker Gunther Rohrberg die komplizierte Rissproblematik in den Gewölben, ehe die Fachleute intensive Blicke auf die für die Region typische Raumfassung mit ornamentalen Gratbändern und gemalten Fensterarkaden warfen.
Der Weg führte anschließend nach Weslarn. Die St. Urbanus-Kirche gehört zu den gut erhaltenen westfälischen Dorfkirchen aus spätromanischer Zeit, ihre Architektur ist im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert worden. Wandmalereien in der Sakristei sind erst vor 40 Jahren wiederentdeckt worden. Sie sind nie ergänzt oder historisierend übermalt worden, weswegen sie einen sehr hohen Wert für Forschungen bieten und tiefe Einblicke in die mittelalterliche Maltechnik ermöglichen.
Für die kunstgeschichtliche Forschung sind die Weslarner Malereien von großem Interesse: Die Darstellungen sind sehr hochwertig ausgeführt. Besonders die Fragmente der Wandmalereien in der Apsis der Sakristei, eine Darstellung Christi als Weltenrichter mit Heiligen, sind wegen ihrer Entstehung noch im 12. Jahrhundert bemerkenswert. Die St. Urbanus Kirche wird als wichtiges Puzzle-Stück für die Chronologie der romanischen Wandmalereien in Westfalen beschrieben.
Zum Abschluss führte die Exkursion die Reisegruppe des Restauratoren-Verbandes nach Ostönnen. Natürlich standen in der St,-Andreas-Kirche die Darstellungen aus der Zeit um 1170 sowie die Malereien der Apsis um 1260 im Blickpunkt. Dr. Helmut Reineke bot zudem Einblicke zu den Besonderheiten der Orgel, die mit Entstehung um etwa. 1430 als älteste bespielbare Orgel gilt und natürlich mit einer Hörprobe einen Glanzpunkt der Bereisung setzte.