Abrissarbeiten wieder gestoppt

Erstellt am 22.07.2022

Angefangen und gleich wieder aufgehört. Eigentlich sollte das Portal ausgebaut du eingelagert werden. Doch der Turm ist zu marode. Jetzt sollen die Arbeiten im September ausgeführt werden. Foto: S. Paschkewitz

Daran wird man sich erst einmal gewöhnen müssen: Im September soll der markante Turm abgerissen werden. Foto: Hans-Albert Limbrock

Von Rainer Müller

Brilon. Was ist der Unterschied zwischen einem Sprung vom 10. Meter-Turm ins Wasser und dem Abriss eines Kirchturms? Der Sprung ins Kalte Wasser ist ein schneller Kick. Der Abriss des Kirchturms dauert länger, ist lauter, staubt mehr und ist teurer, aber mindestens genauso spannend. Wer sich davon überzeugen will, kann es derzeit am Kirchturm der Evangelischen Stadtkirche beobachten. Der Anfang ist gemacht. Nach einer langen Planungs- und Vorbereitungsphase beginnt jetzt Schritt für Schritt die Umsetzung.

Im Turm wurden die elektrischen Leitungen zurückgebaut. Damit steht die Uhr still und die Glocken können nicht mehr betätigt werden. Facharbeiter hatten zudem bereits damit begonnen, das alte Portal aus dem Jahr 1865 vorsichtig zu entfernen. Es war 1922, als der Kirchturm vor die Kirche gebaut wurde, auch vorsichtig entfernt und dann am neuen Turm wieder als Portal eingesetzt worden. Nun sollte es wieder umgekehrt geschehen. Dazu sollte es vorsichtig zurückgebaut, dann schonend zwischengelagert und nach dem Abriss des Turmes und der Sanierung der Westfassade wieder am ursprünglichen Eingangsbereich als Portal aufgebaut werden.

Doch diese Arbeiten mussten bereits kurz nach Beginn wieder eingestellt werden. Die Eingriffe in die Bausubstanz des Turmes seien beim Abnehmen des Portals so gravierend, das die Standsicherheit des Turmes nicht mehr gewährleistet werden kann, so der Chef der Fachfirma. Daher wurden die Arbeiten am Portal unterbrochen, bis die gesamten Abrissarbeiten im September beginnen können. Erst dann werden die Fachleute auch das Portal sorgsam entfernen und sichern.

Im September werden, wenn alles klappt, die großen Maschinen anrücken, um den 100 Jahre alten Kirchturm dann fachgerecht zu zerlegen. Angefangen vom Dachstuhl, über die Entfernung der Glocken, die im Garten des Hauses Hövener zwischengelagert werden sollen und die Zwischenlagerung der mechanischen Kirchturmuhr bis zum Ausbau des hölzernen Glockenstuhls und dem Abriss des Turmgemäuers.

„Es wird ein wirklich historischer Moment sein, wenn der Kirchturm nach 100 Jahren aus der Stadtsilhouette verschwindet. Aber wer sich mit der Architektur des alten Kirchbaus genauer beschäftigt, wird entdecken, dass dann die ursprüngliche, schlichte Schönheit des Kirchbaus wieder erkennbar wird“, schildert Pfarrer Rainer Müller und beschreibt damit das Hin- und Hergerissen-sein zwischen Wehmut über den Abschied vom Vertrauten und der Freude über das sich neu entwickelnde Erscheinungsbild der Stadtkirche.