Zweckgemeinschaft und keine Liebesheirat

Erstellt am 29.11.2019

Von Rotraud Grün

BAD SASSENDORF. „Es war keine Liebesheirat, sondern eher eine Zweckgemeinschaft." Pfarrer Dr. Christian Welck berichtete vor dem evangelischen Männerkreis im Mehrgenerationenhaus Bad Sassendorf von ersten Erfahrungen des Zusammenschlusses der Kirchenkreise Soest und Arnsberg. Vorsitzender Martin Anemüller begrüßte dazu einen leider sehr kleinen Kreis. Ihn selbst beschäftigt das Thema Fusion als Mitglied im Strukturausschuss des Kirchenkreises natürlich besonders. Und so war es naheliegend, es in den Mittelpunkt der monatlichen Zusammenkunft des Männerkreises zu stellen.

Der Referent erklärte zunächst, warum der Zusammenschluss ins Auge gefasst wurde. „Ziel war es, in guten Zeiten Vorbereitungen zu treffen für Zeiten, in denen wir weniger Gemeindemitglieder haben, in denen wir weniger Geld haben, in denen wir weniger haupt- und ehrenamtliches Personal haben und  in denen wir attraktive Arbeitsplätze anbieten können, um attraktives Personal zu bekommen. Das Risiko, kirchliche Handlungsfelder reduzieren zu müssen, wird geringer. Angebote hätten gestrichen werden müssen, gemeinsam können sie aufrechterhalten werden", zeigte Pfarrer Dr. Welck die Argumente auf, die für eine Fusion sprächen und fütterte die Runde mit vielen interessanten Daten und Fakten.

Eine fast fünfjährige  Vorbereitungsphase fand im Januar diesen Jahres ihren Abschluss. Mit einem  Vereinigungsgottesdienst wurde aus zwei Kirchenkreisen de flächenmäßig größte im Land. Auf der Leinwand erlebten die Gäste der Veranstaltung die  eindrucksvolle Zeremonie inklusive Lichterspektakel noch einmal.

Im Anschluss an diesen Festakt in der Soester Wiesenkirche ging  es an die Arbeit. Diskussionen, Kompromisse und Neuerungen prägten die Umstrukturierungen in den folgenden Monaten. Die Strukturen der beiden Kreise waren völlig unterschiedlich. Der Kirchenkreis Soest umfasste 23 Gemeinden, Arnsberg 11 Gemeinden, Soest verfügt über sehr viele alte Kirchen, Arnsberg über etliche Gotteshäuser, die erst nach dem zweiten Weltkrieg gebaut worden sind. Das bedeutete unterschiedliche Kostenfaktoren.

Für die Verantwortlichen aus Soest und  Arnsberg hatte dabei eines oberste Priorität: Der Zusammenschluss sollte die einzelnen Gemeinden stärken und nicht schlechter stellen. „Der Kirchenkreis unterstützt die Kirchengemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, fördert ihre Zusammenarbeit und sorgt für einen Ausgleich der Kräfte und Lasten", zitierte Dr, Christian Welck ein wichtiges Gebot aus der geltenden Kirchenordnung.

Die Gemeinden wurden nach der Fusion in 8 Regionen zusammengefasst. Für Bad Sassendorf bedeutet das: Verbund mit Neuengeseke, Weslarn/Herzfeld, Möhnesee und der reformierten Gemeinde in Soest. Einige Regionen haben sich bereits unter einem gemeinsamen Namen zusammengefügt. „Der Prozess des Zusammenwachsens läuft, wird aber sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen", erklärte Welck.

Als negativ wirken sich die Nachwuchsprobleme des Kirchenpersonals aus:  Die Pfarrstellen werden zusehends reduziert. Bis zum Jahr 2030 wird sich dieses Bild noch krasser verändern. Positiv  ist laut Aussagen des Petri-Pauli-Pfarrers für die Gemeinden die Möglichkeit zusätzlicher Angebote - zum Beispiel im Rahmen der Jugendarbeit. Gab es vor der Fusion nur die Jugendkirche, hat die Petri-Pauli-Gemeinde jetzt einen eigenen Jugendreferenten.

Anhand einer Power-Point-Präsentation zeigte  Dr. Christian Welck genaue Berechnungen über Pfarrstellen und Kosten in der Zukunft auf. Dabei kam auch mal das Wort Leistungsfähigkeit zur Sprache. Damit konnte sich der Pfarrer allerdings nicht anfreunden. „Wir sind ja kein wirtschaftlicher Betrieb, der Leistungen erbringen muss."

Die Gäste des Männerkreises verfolgten die Ausführungen des Pfarrers mit großem Interesse, aber auch mit bangem Blick in die Zukunft, was den Mangel an Pfarrern für das gewohnte kirchliche Leben mit sich bringen wird. In manchen Kirchen finden möglicherweise gar keine Gottesdienste mehr statt. Eine Zukunftsvision, die einen Gast beunruhigt. „Was soll dann mit den Kirchen geschehen? Werden sie leer stehen?"

Auch das Problem weniger Geld beschäftigte die Runde. Verschiedene Möglichkeiten wurden in Betracht gezogen. Unter anderem Spendenaufrufe, die am meisten wirksam seien. Es wird sich vieles verändern. Ganz wichtig ist in diesem Rahmen die Kommunikation untereinander, die Pfarrer Dr. Welck dem Männerkreis und seinen Gästen zum Abschluss seines Referats mit auf den  Weg gab.

 

Dr. Christian Welck gehört dem Strukturausschuss an, der den Zusammenschluss vorbereitet und begleitet hat.

Mit dem Zusammenschluss der beiden Kirchenkreise Soest und Arnsberg hat sich der Männerkreis in seiner jüngsten Zusammenkunft beschäftigt. Fotos: Rotraud Grün