Zeitenwende im Kirchenkreis

Erstellt am 23.06.2023

Gemeinden bereiten sich auf Halbierung der Pfarrstellen vor

Mit breiter Mehrheit hat die Synode in der Fachhochschule Meschede den Pfarrstellenplan für den Kirchenkreis Soest-Arnsberg, der eine Halbierung der Pfarrstellen bedeutet, angenommen. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Soest/Meschede. Zeitenwende im Evangelischen Kirchenkreis Soest-Arnsberg. War die Diskussion um die künftige Anzahl von Pfarrstellen zuvor eher theoretischer Natur, weil die schmerzliche Umsetzung noch in der Zukunft zu liegen schien, so hat die Realität diese Diskussion längst eingeholt. Zunehmend gehen Pfarrerinnen und Pfarrer in den Ruhestand, deren Stellen nicht wieder besetzt werden. Zunehmend schwindet aber auch die Zahl der Gemeindeglieder; längst ist der Kirchenkreis unter die magischen 100.000 gesunken, die es noch bei der Fusion vor knapp vier Jahren waren. 96260 sind es aktuell. Bis 2031, so die Prognose, werden es weitere etwa 10.000 Gemeindeglieder weniger sein.

Ein Augen zu und durch, ein weiter so wie bisher – das kann es vor diesem Hintergrund des ernüchternden Zahlenwerkes denn auch nicht geben. Das wurde jetzt in der Sommersynode deutlich, zu der sich über 160 Synodale (Mitglieder im Kirchenparlament) im großen Hörsaal der Fachhochschule Meschede versammelten. Um sich den Herausforderungen zu stellen,  wurde im vergangenen Jahr eine Pfarrstellenkommission gegründet, in der Vertreter aus jeder Region nach Möglichkeiten gesucht haben, wie man die Halbierung der Pfarrstellen – von aktuell 34 auf 17 in 2031 - auffangen kann, damit weiterhin evangelisches Leben und Bewusstsein in den Kirchengemeinden aufrecht erhalten werden wird.

Eine Schlüsselposition soll hierbei den Interprofessionellen Teams (ITP) zukommen, die die entstandenen Lücken zu einem Großteil füllen sollen. „In diesen Teams werden pastorale Aufgaben im konstruktiven Miteinander von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Diakon:innen und Gemeindepädagog:innen oder Mitarbeitenden aus Kirchenmusik und Verwaltung sowie Organisation wahrgenommen“ - so heißt es in dem von der Landeskirche vorgegebenen Ansatz.

Ziel sei es, so Schilling, eine gerechte und bestmögliche Versorgung aller Gemeinden zu realisieren. Das Problem dabei: Noch fehlt es an ausreichender Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern für die ITP’s; noch gibt es zu wenige, die sich berufen fühlen oder diese Arbeit auch als Berufung und Beruf sehen.

Dennoch ist man auf der Leitungsebene des Kirchenkreises zuversichtlich, diese Herkulesaufgabe bewältigen zu können, auch wenn es in manchen Gemeinden einer Quadratur des Kreises gleichzukommen scheint. „Ob das alles klappt, wissen wir nicht“, räumte Superintendent Dr. Manuel Schilling denn auch freimütig in seinem Bericht ein und ergänzte: „Wenn wir mit menschlichen Augen auf die Zahlen der Personalentwicklung sehen, dann kann uns nur angst und bange werden, dann wird uns die Angst verhärten, uns in der eigenen Selbsterhaltung bestärken und taub und blind für die Geschwister an unserer Seite machen. Das wäre nicht gut.“

Vielmehr müssen man jetzt solidarisch zusammenstehen, nicht nur seine Gemeinde und seine Kirche sehen. Nur dann könne man gemeinsam den Druck aushalten, der von verschiedenen Stellen aufgebaut werde: „Der Druck von landeskirchlicher Seite – ihr müsst das Sparprogramm umsetzen, sonst geht die Kirche zugrunde. Der Druck von unten aus den Gemeinden – ihr da oben zerstört die Kirche vor Ort. Dazu der Druck von außen, von den Menschen, die fragen, wozu braucht es Euch überhaupt noch als Kirche?“

Gleichzeitig sieht der Superintendent in diesem schwierigen Entwicklungsprozess aber auch eine Chance zur Erneuerung und Modernisierung der Evangelischen Kirche. Seiner Überzeugung nach muss die Kirche der Zukunft mehrere Ansprüche erfüllen: Sie wird keine Megakirche und keine Kirche der Massen mehr sein. Schilling: „Die Kirche der Zukunft wird eine mutige Kirche sein. In jedem Fall keine mutlose und auch keine missmutige Kirche.“ Und sie werde eine menschliche Kirche sein, „keine Kirche der Mauern, die uns voneinander und der Welt trennt“.

Nach intensiver, bisweilen konträrer Diskussion wurde der von der Pfarrkommission erarbeitete Pfarrstellenplan mit deutlicher Mehrheit  angenommen.

Zwischendurch versammelte Superintendent Dr. Manuel Schilling die Mitglieder des Kreissynodalvorstandes um sich, um einen Weg aus zum Teil festgefahrenen Diskussionen zu finden – was schließlich auch gelang.

Aufmerksamer Zuhörer für die Argumente aus den Gemeinden: Dr. Manuel Schilling, rechts Synodalassessor Thomas Hartmann.

Pfarrer Arnold Schütz kämpfte verbissen um den Erhalt einer halben Pfarrstelle für die Reformierte Gemeinde Lipperode nach seiner Pensionierung im nächsten Jahr.

Sieht eine Chance für die Kirche der Zukunft: Superintendent Dr. Manuel Schilling.