Eine neue Pfarrerin für die Niederbörde

Erstellt am 13.10.2023

Ann-Kathrin Kemper ist die Vakanzvertretung nach dem Abschied von Andreas Herzog

Pfarrer Karl-Heinz Klapetz und Gemeindemitglieder während der Fürbitten.

Von Ilka Platzek

Welver-Dinker.  Als 2020 Corona die Welt in Atem hielt, kam die Evangelische Kirchengemeinde Niederbörde auf die Idee, das Erntedankfest auf einem der Bauernhöfe in den Kirchspielen zu feiern – weil dort mehr Platz ist, als in den Kirchen. Das kam gut an bei den Gläubigen und wurde beibehalten. Deswegen trafen sich die Gemeindemitglieder jetzt wieder zu einem Erntedankgottesdienst auf Hof Vorwig in Dinker.

Mindestens zwanzig so genannte Teamer und viele andere fleißige Helfer hatten den Hofbesitzern dabei geholfen, die große Remise zu einem Freiluft-Gotteshaus umzuwandeln, alles festlich zu schmücken, Tische und Bänke aufzustellen und (später) für Speis und Trank zu sorgen.

Wer morgens zum Hof Vorwig kam, wurde gleich von Presbytern oder anderen Gemeindemitgliedern persönlich begrüßt und mit einem knisternden Tütchen beschenkt. Darin: Brot und Wein(traube) fürs Abendmahl.

Ebenfalls im Eingangsbereich der Hofanlage standen historische Schlepper der Treckerfreunde Norddinker, deren  Frontlader vier Erntekronen  aus den vier Kirchspielen trugen, gebunden von den Landjugendgruppen Borgeln und Dinker, der Dorfgemeinschaft Enkesen und den Familien Droste und Niemand aus Recklingsen. Weitere historische Ackergefährte konnten im Innenhof bewundert werden.

Mindestens 300 Gläubige wollten sich diesen besonderen Dankgottesdienst nicht entgehen lassen. Schließlich standen nicht nur der Erntedank und das anschließende Beisammensein auf dem Programm, sondern auch die Vorstellung einer neuen Pfarrerin: Anne-Kathrin Kemper.

Pfarrerin Valeria Danckwerth und Pfarrer Karl-Heinz Klapetz leiteten ab 10 Uhr einen Gottesdienst, der nicht nur den Glauben, sondern auch die Politik zum Thema hatte. Unterstützt wurden sie dabei vom Posaunenchor Dinker unter der Leitung von Bernd Kipry, dem Gesangsduo Annika und Alexa Schönfeld sowie Georg Twittenhoff an der Orgel.

Thema war - natürlich - die Aufforderung Jesus’, mit anderen zu teilen und nicht den Überfluss zu horten und für sich allein zu beanspruchen. Thema war auch der Krieg in der Ukraine und das noch ausstehende Getreideabkommen sowie die Verschwendung von Lebensmitteln. In Europa werden bekanntlich tonnenweise Lebensmittel weggeworfen, während in anderen Teilen der Welt die Menschen hungern. Pfarrerin Danckwerth nannte dazu erschreckende Zahlen.

Zur Thematik passte es, dass die zahlreichen Erntegaben, mit denen der Altar geschmückt war, später an die Soester Tafel abgegeben wurden, dass die Kollekte an „Brot für die Welt“ ging und „dass wir hier nach dem Gottesdienst noch zusammensitzen, essen und trinken. Das macht schließlich Gemeinde aus“, erklärte der Vorsitzende des Presbyteriums, Friedrich Schulze zur Wiesch.

Während des Gottesdienstes hatten Gemeindemitglieder Gelegenheit, vom Erntedank in früheren Zeiten zu berichten und die Hofbesitzer - Senior Klaus-Dieter und Sohn Jochen Vorwig  - durften etwas zur aktuellen Ernte sagen.

Jochen Vorwig erklärte daraufhin am Beispiel der Weizenernte, dass diese 2023 zwar nur mittelmäßig ausgefallen sei im Vergleich zum Vorjahr, aber man könne trotzdem zufrieden sein: „Es hätte auch schlechter sein können.“ Wichtig war ihm ein Seitenhieb im Richtung Politik: „Wenn sie so weitermachen, werden die Bauern knapp. Den Hinweis wollte ich mal geben.“

Geradezu fröhlich war das Abendmahl, das mit geräuschvollem Knistern begann, als alle Gläubigen nach Aufforderung von Pfarrer Klapetz ihre Brötchentüten mit Brot und Wein(traube) auspackten. Das sorgte für lautes Gelächter unter der Remise.

Im Anschluss daran stellte sich die neue Pfarrerin Anne-Kathrin Kemper vor: „Ich bin 48, habe vier Kinder und war 13 Jahre an den Berufskollegs in Brilon und Olsberg.“ Sie freue sich auf die Gemeindearbeit, erklärte die Vakanzvertretung des soeben verabschiedeten Pfarrers Andreas Herzog. Der Presbyteriumsvorsitzende Friedrich Schulze zur Wiesch überreichte ihr einen Blumenstrauß.

Während der Fürbitten und einem „Lobe den Herren“ aus Hunderten von Kehlen wehten schon Essensdünste herüber: Würstchen und Reibekuchen-, Waffel- und Kaffeeduft ließen sicher so manchem Gläubigen das Wasser im Mund zusammenlaufen. 

Pfarrerin Kemper erklärte auf Nachfrage, dass Sie zunächst eine halbe Stelle bis Ende Januar habe. Sie wird, so der bisherige Plan, „an drei Tagen Beerdigungen machen, aber auch Gottesdienste halten, etwa am Reformationstag, am Volkstrauertag, dem ersten Advent und Heiligabend.“ Und alles, was anfällt, etwa Taufen und Hochzeiten. Die vierfache Mutter hat in den letzten Jahren überwiegend als Schulpfarrerin gearbeitet sowie Urlaubs- und Krankheitsvertretungen gemacht, erzählt sie. Ihre Kinder sind jetzt zwischen 11 und 19 Jahren alt und die Mutter bereit für neue Aufgaben.

Sollte sich bis Anfang Februar noch kein Ersatz für Pfarrer Herzog gefunden haben, würde sie auch noch länger in der Kirchengemeinde Niederbörde bleiben. „Es ist sehr schön hier. Ich überlege, mir ein Fahrrad anzuschaffen und die Gegend zu erkunden“, sagt sie.

Der Presbyteriumsvorsitzender Friedrich Schulze zur Wiesch überreichte der neuen Pfarrerin Anne-Kathrin Kemper zur Begrüßung einen Blumenstrauß. Fotos: Ilka Platzek

Zusammen feiern, essen und sich austauschen: Das macht Gemeinde aus.

Die Treckerfreunde Norddinker präsentierten die Erntekronen und ihre historischen Fahrzeuge.