Schöne Tradition oder nicht mehr zeitgemäß?

Erstellt am 03.11.2023

Davina Damberg-Schumacher im Interview, warum sie ihren Sohn Elias taufen lässt

Von Julie Riede

Soest. Dass die Menschen christlichen Glaubens getauft werden, war früher nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Auch heute noch werden die meisten Kinder getauft, manche entscheiden sich erst im Erwachsenenalter dafür. Davina Damberg-Schumacher und ihr Mann haben sich die Sache nicht leicht gemacht und intensiv überlegt, ob es richtig ist, Sohn Elias taufen zu lassen. Warum sie sich dafür entschieden haben, erklärt Davina Damberg-Schumacher im Interview.

Sie möchten Ihr Kind evangelisch taufen lassen. Wie kam es zur Taufentscheidung?

Damberg-Schumacher: Mir war es schon immer wichtig, dass meine Kinder getauft werden. Ich habe eine sehr enge Bindung zum katholischen Glauben. Durch meine Großeltern. Mein Mann (konfessionslos, Anm. d. Red.) wollte unsere Kinder erst gar nicht taufen lassen, sie sollten sich selbst überlegen, was sie gerne möchten, wenn sie älter sind. Dann haben wir uns als Kompromiss zunächst für eine freie Taufe entschieden. Mein Mann hat dann aber irgendwann selbst eingelenkt und gesagt, okay, eigentlich es ist ja schon ganz schön, da wir auch kirchlich heiraten möchten.

So eine Entscheidung macht man sich sicherlich nicht leicht?

Das ist richtig. Es war ein sehr langer Entscheidungsprozess. Unser Kind Elias ist jetzt zwei Jahre alt. Wir haben auch überlegt, die kirchliche Trauung mit der Taufe zusammenzulegen. Die kirchliche Trauung, die ökumenisch sein wird, wird aber noch ein bisschen dauern, deswegen haben wir uns entschieden, es nicht mehr davon anhängig zu machen. Die Taufe soll nächstes Jahr stattfinden. Wir haben Taufen von anderen Kindern aus unserem Umfeld mitbekommen, unter anderem von dem Pfarrer Weyer. Das war eine ganz wundervolle intime Taufe in der Hohnekirche hier in Soest, das hat auch mein Mann gesagt, wir waren sehr bewegt. Und das hat dann letztlich dazu geführt, dass er das auch gerne für unseren Sohn haben möchte. Bis dato war mir noch nicht klar: möchte ich jetzt katholisch oder evangelisch taufen lassen? 

Und warum eine evangelische Taufe?

Grundsätzlich habe ich einen tiefen katholischen Glauben durch meine Erziehung. Meine Familie ist zum Teil italienischen Ursprungs, auch hier ist der Glaube tief verwurzelt. Aufgrund der heutigen öffentlichen Diskussion um die katholische Kirche, vor allem bezüglich des Umgangs mit der Aufklärung vergangener schlimmer Geschehnisse, sehe ich eine katholische Taufe meines Kindes als kritisch an, auch, wenn ich es sehr bedaure. Hinzu kommt die wenige Toleranz, die die katholische Kirche zeigt, es geistert ja immer wieder durch die Presse. Wobei es da auch Hardliner und Ausreißer gibt. Auch die evangelische Kirche steht in der Diskussion, zeigt sich aber, finde ich, deutlich aufklärungswilliger, gesteht Fehler ein, bemüht sich um Sicherheitskonzepte, wie diese Präventionsstellen, von denen ich gelesen habe (Anm. d. Red. „Präventionskraft gegen sexualisierte Gewalt“). Ich selbst kann mich einfach nicht mehr so richtig identifizieren mit meiner Kirche. Aufgrund der Erinnerung an meine Großeltern und deren gelebten Glauben würde ich trotzdem nicht austreten.

Was soll Elias die Taufe bringen?

Ich möchte gerne, dass mein Sohn sich in seinem Leben dauerhaft mit der Kirche identifizieren kann, es ist ja auch ein Ankerpunkt, der immer wieder im Leben wichtig werden kann. Ich habe zudem den Eindruck, dass die evangelische Kirche einfach mehr macht für Jugendliche und für junge Menschen, dass sie moderner und offener ist. Ich habe mit vielen Menschen in meiner Umgebung darüber gesprochen, ich habe ein durchmischtes Umfeld von Katholiken, Evangelischen, Ausgetretenen, Konfessionslosen und auch Freikirchlichen. Es gibt so viele unterschiedliche Meinungen. Aber letztendlich denke ich dass, ja, die evangelische Kirche, der evangelische Glauben besser zu meinem Sohn passt und er sich auch später noch damit identifizieren kann, ohne dass er in einen Konflikt gerät wie ich, und dass er sich einfach freier entfalten kann. Vorausgesetzt natürlich, die evangelische Kirche geht weiter mit der Zeit. Für die Generationen dieses Jahrtausends ist die katholische Kirche, so der Tenor in meinem Bekanntenkreis, einfach sehr starr in ihren Regeln und in dem was man auch so im Kommunions- und Firmenunterricht macht. Ich finde, bei allem, was ich so mitbekommen habe, dass die Kinder viel besser eingeholt werden während der Konfirmation.

Was sind Ihre persönlichen Berührungspunkte mit der evangelischen Kirche bisher?

Ich habe mich wie gesagt viel im Umkreis informiert. Ich bin schon als kleines Kind getauft worden. Meine (Halb-) Geschwister sind evangelisch, die durften sich das selbst aussuchen. Die sind beide getauft und haben sich später dann auch für die Konfirmation entschieden. Als Kinder haben wir außerdem beim Kinderbibeltag von der Hohnekirche teilgenommen und das fand ich damals wirklich toll. Es war eine schöne Art, Kindern den Glauben näher zu bringen, Gott näher zu bringen und zu zeigen, dass er für alle da ist. Sowas gab es damals von der katholischen Kirche her gar nicht. Es gab die Kommunion und du konntest Messdiener sein, wobei das ja auch noch gar nicht so lange für Mädchen möglich ist. Dann gab es die Firmung. Aber so eine richtige Anbindung oder, dass sie was angeboten haben, ist bei mir nie angekommen. Der Bruder von meiner Freundin hat hier in Soest viel mit der evangelischen Jugendkirche gemacht. Es gab Jugendfreizeiten, einen Jugendtreff, Jugenddisco, solche Sachen, habe ich mitbekommen.

Es gibt natürlich viele Möglichkeiten. Verschiedene Freikirchen oder so. Ich bin aufgrund meiner Erziehung und Erfahrung aber der traditionellen Kirche zugewandt, ich möchte auch eine Kirche für meine Kinder, die da ist, in der Nähe, und nicht in Bielefeld oder Dortmund. Die Angebote müssen in den Familienalltag integrierbar sein, nach der Kita oder der Schule. 
Da werden sich hoffentlich auch Freundschaften daraus entwickeln und tiefe Bindungen. Dafür möchte ich mit meinem Mann die ersten Weichen stellen, für unser Kind. In dieser Welt eine Festigkeit und einen Halt zu bieten im Leben der Kinder, das ist doch das Ziel aller Eltern.

Haben Sie schon von den modernen Formen der Taufe gehört, der „Drop In-Taufe“ oder auch der „Pop up-Hochzeit“? Wäre das etwas für Sie?

Ich habe da tatsächlich schon mal von gehört. Den Gedanken „Ich war damals dabei, als Hunderte im Fluss getauft wurden“ finde ich schon ganz witzig. Die gemeinschaftliche Massentaufe ist für mein Gefühl vielleicht besonders was für ältere Täuflinge. Ich glaube es verbindet Menschen sehr gut und reißt einen mit, gerade wenn es Musik und vielleicht auch sowas wie Gospel gibt. Viele Menschen, gute Laune, Musik – fast wie bei einem Festival, und es ist ja auch ein Fest, ein Tauffestival (lacht). Dieses „wir waren dabei.“ Ich glaube das ist ganz toll für ganz viele Menschen.

Mir ist eine intime Taufe dann aber doch lieber, wie ich das, wie gesagt, bei meiner Freundin schon gesehen habe, als eine „Event-Taufe“. Das war wirklich schön der Gottesdienst, es war auch kein allgemeiner Gottesdienst,  wir waren wirklich nur zur Taufe da. Es wurden Lieder von der Cousine gesungen und von dem Pfarrer, die haben sich sehr viel Mühe gegeben. Die haben wirklich den Gottesdienst auf das Kind ausgerichtet, Lieder und Fürbitten. Das wünsche ich mir für meinen Sohn und meine Familie.

 

Davina Damberg-Schumacher, hier mit ihrem Sohn Elias, hat sich gemeinsam mit ihrem Mann für eine evangelische Taufe entschieden. Die Hintergründe zur Taufentscheidung hat sie uns im Interview verraten. Foto: Andreas Stegmann