Vier Stunden heile Welt

Erstellt am 10.11.2023

Flüchtlinge bereichern spontan Aktionstag im „Schlachthof“

Eine große Gruppe von Geflüchteten aus der ZUE besuchte den Aktionstag und sorgte damit für eine deutlich höhere Auslastung als bei der ersten Ausgabe im vergangenen Jahr. Fotos: Klaus Bunte

Von Klaus Bunte

 

Soest. Plötzlich betreten zwei der Flüchtlinge die Bühne und halten den Lautsprecher eines Smartphones vor das Mikrofon – so spontan ist die Aktion, dass sie die türkische Musik, die sie nun abspielen wollen, gar nicht anders auf die Lautsprecher im Saal bekommen. Vor der Bühne bildet sich ein großes Halbrund aus Asylbewerbern, die beginnen, zu diesen Klängen einen für ihre Heimat typischen Gruppentanz aufzuführen. Dazwischen turnen ihre Kinder mit den Jonglage-Artikeln des Circuszentrums Balloni herum. Eines trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Gemeinschaft“. Die Hemden wurden im Rahmen der Aktion kostenlos verteilt. Der kleine Junge mag in diesem Moment nicht wissen, was das Wort Gemeinschaft in seiner Muttersprache heißt – was es bedeutet, erfährt er jedoch am eigenen Leibe.

Den Flüchtlingen bietet der Besuch im Schlachthof vier Stunden heile Welt. Mark Linnenbrügger, Flüchtlingsbetreuer der Malteser, hatte die Idee, mit einer Gruppe den Soester Beitrag zum bundesweiten Aktionstag „#kulturgibt“ der „Initiative für die Kultur in Deutschland“ zu besuchen. Gegründet unter dem Eindruck drohender Kürzungen von Kulturetats, setzt sich die Initiative für die Kultur als zivilgesellschaftlichen Verständigungsraum für alle ein und will mit den Aktionstagen ein Zeichen für Kultur setzen. Die Gruppe verwandelt diesen in ein Multikultifest und beschert ihm eine deutlich höhere Besucherzahl als bei der ersten Ausgabe im Vorjahr. 

Das Schlagwort „Gemeinschaft“ greift auch Michael Osterhoff als neuer Schlachthof-Geschäftsführer in seiner Begrüßung auf: „Für uns bedeutet Kultur Identität und eine Sichtbarkeit jeglicher menschlicher Kreativität, wie zum Beispiel Tanz, Film, Musik, Kunst, und sie gibt uns das, was uns die Pandemie so lange genommen hat: Kultur gibt Gemeinschaft. Kultur bereichert unser Leben und trägt zu einem offenen gesellschaftlichen Klima bei, das den Rahmen für verantwortliches Handeln in Politik und Wirtschaft bildet. Was uns Kultur alles gibt, kann jeder für sich selbst beantworten. Wir sind stolz, in Zusammenarbeit mit all den Akteuren heute deutlich zu machen, was Soest seinen Bürgern alles gibt. An Kultur. An Offenheit. An gemeinschaftlichen Aktivitäten und Gemeinsamkeit. Die Soester Welt ist bunt und anderen Kulturen gegenüber offen. Kultur gibt Zuversicht.“

Der Soester Beitrag ist erneut ein Schaulaufen etlicher heimischer Protagonisten, von der Schlachthof-immanenten Wertstoffbühne über Autoren, die Russlanddeutschen von „Kultur A–Z“,  Musiker und bildende Künstler bis hin zum Liebesleben-Museum. Michael Osterhoff führt ich direkt einer eigenen Ausstellung einem, einem Gemeinschaftsprojekt mit den Waldorfschülerinnen Olivia Oyen und Miria Schottmüller sowie Fotograf Tim Schneider vom Künstlerhaus Bem Adam, für das sie auf der Straße angesprochene Soester porträtieren.

 

Eher spontan trug dieses Trio zum Programm bei. Einige ließen es sich nicht entgehen, das per Handyvideo zu dokumentieren.

Die Ausstellung „Humans of Soest“ wurde von Schlachthof-Chef Michael Osterhoff und den mitwirkenden Waldorfschülerinnen Olivia Oyen und Miria Schottmüller eröffnet.

Flüchtlinge aus der ZUE bereicherten den Aktionstag mit einem spontanen Gruppentanz. Fotos: Klaus Bunte