Willkommen im Mittelalter

Erstellt am 10.11.2023

Konfis treten spannende Zeitreise in die Welt von Martin Luther an

In der Schänke lässt es sich vortrefflich trinken und speisen. Die Pfarrer Christian Casdorff und Kai Hegemann sorgten zusammen mit Pfarrerin Leona Holler für die Bewirtung. Fotos: Thoms Brüggestraße

Von Thomas Brüggestraße

Soest . Wie war das denn eigentlich Anno schnüff, als ein Mönch namens Luther zu Wittenberg 95 Thesen an die Kirchentüre genagelt haben soll? Hat er überhaupt – hat er nicht? Ist die Frage überhaupt wichtig? Wie war es so im Mittelalter? Und wie teuer war das nochmal, seine Sünden los zu werden? Fragen wie diesen stellten sich Konfirmandengruppen aus der Soester Emmaus-Gemeinde, aus Weslarn, aus Neuengeseke und aus der Soester Petri-Pauli-Gemeinde.

Max und Moritz und die ganze Konfi-Gruppe aus Weslarn zählten beim Anzeiger-Besuch gerade Ablass-Taler in einer Stube neben dem „Schiefen Turm“ von Alt-Sankt Thomae. In der Kirche und auch draußen hatten Nathalie David und Sascha Herchenröder, die beiden Leiter der Jugendkirche, dazu noch Verena Ahrens, Jugendreferentin bei Petri-Pauli, und eine ganze Reihe weiterer Helfer eine Lutherwelt aufgebaut, eine Wanderaufgabe von Station zu Station, und alles hatte mit dem Kirchenreformator und seiner Zeit zu tun: Herzlich willkommen im Mittelalter.

Zwei Stunden lang waren die Gruppen in und um den Schiefen Turm unterwegs: Vor dem Hauptportal spielten sie die Szene nach, wie Luther einst dem Teufel sein Tintenfass entgegenschleuderte. In der Kirche ging es um die Frage, ob alte Knochen Wunder wirken: Braucht es einen Reliquien-Kult? In einer Schreibstube ging es in großer Runde ans Übersetzen wie einst bei Luther auf der Wartburg – gut, eigentlich war es ein Ratespiel, das die Konfis lösen mussten. Sie trafen an einer anderen Station Luthers Eltern, an einer anderen Martin Luther höchstselbst zu einer quizzigen Fragerunde – Sascha Herchenröder gab dem wortgewaltigen Theologen Format und Stimme, dass es eine Freude war.

Der Gemeinderaum in Alt-Sankt Thomae ist ein kleines Obergeschoss unter dem Turm, von wo aus man durch große Glasscheiben einen schönen Blick hat hinunter in den Kirchenraum. Für die Luther-Spiele wurde er zur Schänke, und Pfarrerin Leona Holler und die Pfarrer Christian Casdorff und Kai Hegemann machten sich im Service verdient, damit ihre jungen Besuchergruppen sich rundum wohlfühlten: Cola, Apfelschorle? Ein Keks dazu? Nun die Damen und Herren Gäste, haben wir denn noch Geld, nach all' den Ablasskäufen? Wie viel Zeit in der ewigen Verdammnis haben wir denn so erlassen bekommen? „Nachlässe gibt es an jeder Station, also immer unterschiedlich viel Zeit", erläuterten Nathalie David und Verena Ahrens: „Wer die meiste Zeit sammelt, kann heute gewinnen."

Punkte gab es auch für das schönste Bild: Einmal in mittelalterliche Mode schlüpfen konnten alle in der Gewandstube. Zur Auswahl hingen dort reichlich Leihgaben der Soester Mittelalterfreunde, und schick eingekleidet posierten die Konfis grüppchenweise für ein Erinnerungsfoto: Klick – fertig. Ja damals, da hätten sie wer weiß wie lange still gestanden für ein Gemälde, und leisten konnten sich das nur Leute von bestem Stand.

Jetzt aber raus ans Westportal: Beschriebene Papierstreifen liegen bereit, ein Hammer, viele Nägel. An die Thesen, fertig los: Zwei Minuten Zeit für jede Gruppe, bevor die Büttel und die Soldaten kommen.

Und die Moral von der Geschicht? Durch Ablass erkaufte Zeit, die braucht es nicht. „Gott ist gnädig und keinesfalls käuflich", erläuterte Nathalie David. „Das ist am Ende die Auflösung. Für die Gruppen heißt es: Leider vergebens, diese Hetze nach Fleißpunkten. Zählt alles nicht."

„Wie jetzt - nichts gewonnen? Menno!" Die jungen Leute machten traurige Gesichter. Sascha Herchenröder, er löste es als Martin Luther so auf bei der Abschluss-Runde im Kirchenraum: „Furchtbar, unversöhnlich, so habe ich Gott empfunden. Er bestraft uns in diesem Leben, übergibt uns nach dem Tod dem Fegefeuer, verurteilt Sünder dazu, für alle Ewigkeit in der Hölle zu brennen. Aber ich täuschte mich. Diejenigen, die Gott als zornig sehen, sehen nicht sein wahres Gesicht. Sie blicken auf einen Schleier, als seien vor seinem Antlitz dunkle Gewitterwolken aufgezogen. Wenn wir wahrhaft glauben, dass Jesus Christus unser Erlöser ist, dann haben wir einen Gott der Liebe. Und wer auf Gott, unseren Herrn, vertraut und glaubt, der sieht sein freundliches Herz."

Und die Konfi-Gruppe aus Weslarn? Sie haben dann zum guten Schluss doch noch einen Sack voller Überraschungen gewonnen: Beste Zeit und die meisten Punkte – das gab Lob vom gesamten Orga-Team.

Auch das gibt es – eine kindergroße Playmobilfigur von Martin Luther. Bei den Lutherspielen begaben sich die Konfis auf eine historische Zeitreise.

Luthers Thesen haben die Grundlage zur Reformation gelegt. Mit Hammer und Nägeln wurden sie angebracht.

Zum Glück herrscht in Soest kein Mangel an historischen Gewändern.