Goldrand für die Seele

Erstellt am 17.11.2023

Für Versöhnung – gegen Vergessen: Dritter SalonF in Medebach widmet sich aktueller Thematik

Gerda Koch und Roswitha Killinger referierten über jüdisches Leben, Petra Rasche moderierte de Veranstaltung. Fotos: Jürgen Grosche

Von Kathrin Koppe-Bäumer

Medebach. Auf den Tischen: Goldrandgeschirr gedeckt. In den Fenstern: leuchtende Kerzen. Irmtraud Ruder und das Team empfangen rund dreißig Gäste zum 3. SalonF mit dampfendem Tee im Evangelischen Gemeindezentrum. Brot, Dips und israelisches Käsegebäck sind appetitlich angerichtet. Goldrand für die Seele –  alles ist bereit für thematische Impulse, bereichernde Gespräche und Musik, die zu Herzen geht. Für Versöhnung und gegen Vergessen - über ihr Engagement in der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit befragt Moderatorin Petra Rasche Roswitha Killinger und Gerda Koch. Dass das Thema solche Brisanz und Aktualität bekommen würde, damit hatte bei der Planung im Februar keine der Frauen gerechnet.

Können Sie sich vorstellen, zum Gottesdienst in eine von Polizei bewachte Kirche zu gehen? Ihre Kinder in den Kindergarten zu bringen, der von hohen Zäunen umgeben und dessen Spielplatz von einem Drahtschutz bedeckt wird, um vor Drohnen geschützt zu sein? Wie wäre das für Sie, sich nicht mehr mit einem Silberkreuz an der Halskette in den Straßen ihrer Stadt bewegen zu können?

Gerda Koch machte klar: So geht es aktuell jüdischen Menschen in Deutschland. Seit dem terroristischen Hamas-Überfall Anfang Oktober auf friedliche, schlafende und feiernde Israelis fühlen sich Juden und Jüdinnen in Israel nicht mehr sicher und auch nicht auf deutschen Straßen. Täglich verzeichnen die Behörden hier antisemitische Überfälle.

Koch und Killinger, die sowohl im Ruhrgebiet als auch in Hesborn wohnen, engagieren sich beide  in der Recklinghauser Gesellschaft für christlich- jüdische Zusammenarbeitet. Schwerpunktmäßig setzen sie sich dafür ein, dass junge Menschen von heute an allen Schulformen mit dem Thema in Kontakt kommen. Dafür erarbeiten sie Material. Regelmäßig schreiben sie den Dr.-Selig-Auerbach-Preis  aus und motivieren  Schulklassen, Beiträge über jüdisches Leben und gegen  Antisemitismus zu gestalten. Benannt wurde der Wettbewerb nach Dr. Selig Auerbach, dem Recklinghäuser Rabbi, der 1938 über Holland und Großbritannien in die USA floh. Seine Frau und er hatten sich geschworen, nie mehr Deutsch zu sprechen. Brachen ihr Versprechen allerdings, als sie in Recklinghausen bei der Preisverleihung aufgeschlossenen Jugendlichen begegneten. Die Ehefrau des Rabbis sagte zu den Jugendlichen: Ihr dürft nicht hassen. Hass zerstört Leben.

Wer heute lebt, trägt keine Schuld an den Gräueln des letzten Jahrhunderts, sondern ist verantwortlich dafür, dass das nicht wieder passiert. Begegnungen von Mensch zu Mensch sind die Grundlage für gegenseitiges Verständnis und Versöhnung. Dabei erkennen wir: Juden und Jüdinnen sind Menschen wie alle anderen, wollen leben und sind nicht von sich aus Opfer. Initiativen wie „Meet a Jew- Triff einen Juden/eine Jüdin“ fördern solche Begegnungen.

Horst Frese, der Vorsitzende des Heimatbundes, und Bürgermeister Thomas Grosche knüpften nahtlos an die Referentinnen an: Frese stellte einen Flyer vor, auf dem er mit Schülern der Sekundarschule Medebach-Winterberg einen Stationenweg zu jüdischem Lebens in Medebach zusammengestellt hat. Grosche lud die Gäste ein, zur Verlegung der ersten drei Stolpersteine in Medebach am 26. Januar. „Am besten, ihr gründet eine Gesellschaft christlich-jüdischer Zusammenarbeit im Hochsauerland“, regten die Referentinnen an.

Regionalpfarrerin Kathrin Koppe-Bäumer dankte dem engagierten Team, den Referentinnen und Kerstin Engel für die berührende Klarinetten-Musik. Sie begrüßte Pfarrerin Sandra Gintere, die den SalonF theologisch begleitet, wenn ab Januar 2024 Winterberg und Medebach die Evangelische Friedenskirchengemeinde Hochsauerland bilden.

Der nächste SalonF findet am 9. März 2024 statt.

Kathrin Koppe-Bäumer (rechts) wurde durch Irmtraud Ruder verabschiedet.

Pfarrerin Sandra Gintere ist neu im SalonF Team und wurde von Irmtraud Ruder begrüßt.

Für die musikalische Begleitung sorgte Kerstin Engel.