Wenn volle Backen mächtig blasen

Erstellt am 15.03.2024

Senioren-Posaunenchor bereitet sich auf besonderes Konzert vor

Einmal im Monat kommen die Musikerinnen und Musiker des Senioren-Posaunenchores Westfalen-Mitte in Körbecke zur Probe zusammen. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Körbecke. Draußen rüttelt ein später Winterwind an Fassade und Fenstern des evangelischen Gemeindehauses am Möhneufer. Auf dem See kräuselt sich das Wasser sturmgepeitscht. Drinnen tobt ein ganz anderer Sturm. Fast schon ein Orkan. Die Backen sind gebläht. Die Instrumente funkeln golden im Schein der Lampen. Ein ganz gewöhnlicher Donnerstagnachmittag. Eine ganz gewöhnliche Probe des Senioren-Posaunenchores Westfalen-Mitte.

Dreißig Männer und Frauen, nahezu alle im Alter, wo man sich Rentner bzw. Rentnerin nennen darf. Das älteste Mitglied ist stattliche 87 Jahre dabei. Das Gros der anderen hat beim Geburtsdatum eine Jahreszahl im Personalausweis, wo der Krieg gerade erst wenige Jahre vorbei war. „Wir sind alle im Ruhestand“, schmunzelt Wilfried Pankauke. Er ist Chorleiter, Kirchenmusiker, Kantor und war einst als Gymnasiallehrer tätig.

2010 hat Pfarrer Johannes Ahlmeyer das Orchester ins Leben gerufen. Seitdem ist es stets um die dreißig Mitglieder stark, mal einer mehr, mal eine weniger. Pankauke: „Die Zahl der Mitglieder ist relativ konstant.“  Zur Probe fahren sie einmal im Monat nach Körbecke. Das liegt für die meisten recht zentral, ist auch über die Autobahn gut zu erreichen, wenn sie aus den Kirchenkreisen, Soest-Arnsberg, Hamm, Dortmund oder Unna anreisen.

Was sie alle eint: Die Liebe zur Musik. Das gemeinsame Spielen in alten Kirchenmauern. „Das ist einfach was Handfestes“, weiß der Chorleiter aufgrund jahrelanger Erfahrung.  Fast alle machen auch in ihren heimatlichen Kirchengemeinden Musik, spielen bei Gottesdiensten und sommerlichen Gemeindefesten. Das ist die Basis. Der Senioren-Posaunenchor ist die Champions League. Da tritt man dann auch schon einmal beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg oder Dortmund vor einigen Tausend auf. Der Begriff Posaunenchor ist dabei  ein wenig irreführend, denn es sind nicht nur die Posaunen, denen backenbläsig Töne entlockt werden. Erst das harmonische Zusammenspiel mit anderen Blasinstrumenten wie Horn, Tuba oder Trompete sorgt für den unverwechselbaren vollen Ton.

Der 79jährige Wilfried Pankauke kommt aus Bönen und ist Musiker durch und durch; ihn kann man nachts wecken und er könnte aus dem Stegreif ein Konzert spielen – ohne Blick auf den Notenzettel. Bei den Proben wird seine uneingeschränkte Autorität spürbar.  Die ist auch notwendig, denn wenn so ein Blech-Orchester erst einmal tongewaltig unterwegs ist, braucht es ein ebenso souveränes wie ambitioniertes und erfahrenes Dirigat, damit die Musiker nicht nur laut, sondern auch harmonisch klingen. Nur so kann seine ganze musikalische Pracht und Fülle des Ensembles buchstäblich in die Welt hinausposaunt werden.

Bereits mit zwölf Jahren hat der Philologe und Germanist Pankauke seine Liebe zur Musik entdeckt und seitdem nicht mehr losgelassen. Ihn reizt besonders die Verbindung von Wort und Ton. „Wenn das Orchester spielt“, schwärmt er, „und die Gemeinde dazu singt – das hat einfach was. Das macht was mit den Menschen. Deshalb ist diese Musik in den Kirchen auch so beliebt.“ Im Herbst vergangenen Jahres hat der Posaunenchor Friedenskonzerte für die Ukraine gegeben: „Klage über den Krieg - Bitte um Frieden“. Pankauke: „Das war noch einmal eine besondere Herausforderung.“ Eine Herausforderung, die die Musikerinnen und Musiker bei ihren Auftritten in Lippstadt und Soest mit Bravour gemeistert haben, wie der lang anhaltende Applaus hörbarer Beweis war.

Aktuell wird für ein Konzert in der Paulikirche geprobt. Am Samstag vor Palmsonntag, 23. März, werden Bachchoräle aus der Johannespassion gespielt. Die wurde erstmals am Karfreitag des Jahres 1724 – also vor 300 Jahren – uraufgeführt. „Das“, so Pankauke, „ist dann wirklich die hohe Schule. Da muss jeder Ton sitzen. Daran werden wir uns messen lassen.“

Draußen hat sich der Wind inzwischen ein wenig gelegt. Drinnen gibt Wilfried Pankauke den Takt vor: „Jetzt geht es an die Töne. Ein E bitte, jetzt ein F. Und geht schonend mit euren Vorderleuten um, was die Lautstärke angeht.“

Wilfried Pankauke ist Musiker durch und durch und leitet mit Engagement das vielköpfige Ensemble.

Alle Musiker und Musikerinnen sind im Ruhestand.

Schon seit Monaten wird intensiv für den Auftritt am 23. März geprobt.